Welcher Steuersatz gilt für welchen Erben?

Es gibt im Erbschaftssteuerrecht nicht den einen Steuersatz. Je nachdem, in welcher Steuerklasse sich der Erbe befindet und wie hoch der steuerpflichtige Erwerb ist, gelten unterschiedliche Steuersätze. Dabei gilt: Die engsten Angehörigen zahlen am wenigsten Steuern.

 

So hoch ist der Steuersatz

Die Höhe des Steuersatzes hängt vom Wert des steuerpflichtigen Erwerbs und der Steuerklasse ab und kann ganz einfach aus der Tabelle in § 19 Abs. 1 ErbStG abgelesen werden:

Wert des steuerpflichtigen ErwerbsSteuersatz in Steuerklasse
bis einschließlichIIIIII
75.000 Euro7 %15 %30 %
300.000 Euro11 %20 %30 %
600.000 Euro15 %25 %30 %
6.000.000 Euro19 %30 %30 %
13.000.000 Euro23 %35 %50 %
26.000.000 Euro27 %40 %50 %
über 26.000.000 Euro30 %43 %50 %

Beispiel:

Der Sohn ist der Erbe seiner Mutter. Der steuerpflichtige Erwerb liegt bei 250.000 Euro. Für den Sohn gilt die Steuerklasse I. Damit beträgt der Steuersatz 11 %.

Er muss eine Erbschaftssteuer von 27.500 Euro zahlen (= 11 % von 250.000 Euro).

Keine Rolle spielt, woraus der steuerpflichtige Erwerb besteht. Eine Aufspaltung in Teilbeträge mit unterschiedlichen Steuersätzen findet nicht statt. Beträgt also der steuerpflichtige Erwerb zum Beispiel 100.000 Euro, gilt in Steuerklasse I ein Steuersatz von 11 % - egal, ob eine Immobilie, nur Bargeld oder beides vererbt wird.

Infografik zum Steuersatz

In folgender Infografik ist alles Wichtige zum Steuersatz bei Erbschaften und Schenkungen nochmal zusammengefasst:

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Geringfügiges Überschreiten einer Wertgrenze: So funktioniert der Härteausgleich

Bei der Erbschaftssteuer hat sich der Gesetzgeber für einen sog. Stufentarif entschieden. Auf jeder Tarifstufe gilt grundsätzlich ein anderer Steuersatz. Das ist einfach in der Anwendung, bringt aber auch ein Problem mit sich.

Übersteigt nämlich der steuerpflichtige Erwerb die Wertgrenze einer Tarifstufe nur geringfügig, kann es passieren, dass die Steuern höher sind als der Betrag, um den die Wertgrenze überschritten wird.

Beispiel:

Die Tochter ist die Erbin ihres Vaters. Der steuerpflichtige Erwerb liegt bei 310.000 Euro. Für die Tochter gilt die Steuerklasse I. Der Steuersatz beträgt deshalb 15 %. Das würde eine Erbschaftssteuer von 46.500 Euro bedeuten (= 15 % von 310.000 Euro).

Bei einem steuerpflichtigen Erwerb von 300.000 Euro wäre eine Erbschaftssteuer von 33.000 Euro zu zahlen (= 11 % von 300.000 Euro).

Im Ergebnis müsste also die Tochter 13.500 Euro mehr Steuern entrichten, obwohl die Wertgrenze der vorhergehenden Tarifstufe nur um 10.000 Euro überschritten wurde.

Das Mehr-Erbe würde also zu einer Steuerbelastung führen, die das Mehr-Erbe deutlich übersteigt.

Um diese Tarifsprünge abzumildern, hat der Gesetzgeber den Härteausgleich eingeführt (§ 19 Abs. 3 ErbStG). Damit wird die Mehrsteuer aus dem Erwerb, der eine Stufe übersteigt, der Höhe nach begrenzt:

  • bei einem Steuersatz bis zu 30 %: Die Mehrsteuer beträgt maximal die Hälfte des Mehrerwerbs.
  • bei einem Steuersatz über 30 %: Die Mehrsteuer beträgt maximal ¾ des Mehrerwerbs.

Beispiel:

Für die Tochter aus dem obigen Beispiel errechnet sich so die zu zahlende Erbschaftssteuer:

Ermittlung des Steuerbetrags für den Gesamterwerb anhand der aktuellen Tarifstufe:
15 % von 310.000 Euro = 46.500 Euro

Ermittlung des Steuerbetrags für einen Erwerb der vorhergehenden Wertgrenze:
11 % von 300.000 Euro = 33.000 Euro

Differenz der Steuerbeträge: 46.500 Euro ./. 33.000 Euro = 13.500 Euro

Erwerb über der Wertgrenze: 10.000 Euro
davon dürfen maximal 50 % an Steuern erhoben werden: 50 % von 10.000 Euro = 5.000 Euro

Aus der Summe der Steuerbeträge ergibt sich die zu zahlende Erbschaftssteuer: 33.000 Euro + 5.000 Euro = 38.000 Euro

Damit führt der Härteausgleich zu einer Steuerersparnis von 8.500 Euro (= 46.500 Euro ./. 38.000 Euro).

Praxistipp:

Ob im eigenen Fall die Härteausgleichsregelung zur Anwendung kommt oder nicht, kann der Erbe ganz bequem aus einer Tabelle ablesen, die die Finanzverwaltung veröffentlicht hat (H E 19 ErbStH):

Wert des steuerpflichtigen ErwerbsHärteausgleich bei Überschreiten der vorhergehenden Wertgrenze bis einschließlich … Euro in Steuerklasse
bis einschließlichIIIIII
75.000 Euro---
300.000 Euro82.600 Euro87.400 Euro-
600.000 Euro334.200 Euro359.900 Euro-
6.000.000 Euro677.400 Euro749.900 Euro-
13.000.000 Euro6.888.800 Euro6.749.900 Euro10.799.900 Euro
26.000.000 Euro15.260.800 Euro14.857.100 Euro-
über 26.000.000 Euro29.899.900 Euro28.437.400 Euro-

Daraus folgt zum Beispiel, dass in Steuerklasse I für einen steuerpflichtigen Erwerb in der zweiten Tarifstufe bis einschließlich 82.600 Euro der Härteausgleich stattfindet, in Steuerklasse II dieser Tarifstufe bis einschließlich 87.400 Euro.

Fazit

Ein Stufentarif ist leicht handhabbar, da man den Steuersatz einfach ablesen kann. Die Kehrseite der Medaille ist die erhebliche Steuermehrbelastung, selbst bei nur geringfügigem Überschreiten der Wertgrenze einer Tarifstufe. Zwar bringt der Härteausgleich etwas Milderung, aber Fakt ist: Trotz Härteausgleich verbleiben dem Erben in Steuerklasse III vom Mehrerwerb maximal 25 %. Das ist und bleibt eine Härte – eine unnötige noch dazu, da man die Tarifstufen kleiner hätte ausgestalten können. Auch gäbe es andere Tarifformen, die ebenfalls handhabbar gewesen wären.