Steuerbefreiungen: Was alles steuerfrei geerbt werden kann

Bei einem Blick auf die zahlreichen Steuerbefreiungen und die Höhe der persönlichen Freibeträge wird schnell klar: Das Erbe muss schon recht üppig sein, damit überhaupt Erbschaftssteuer fällig wird. Insbesondere nahe Angehörige und Ehepartner müssen nicht damit rechnen, dass das Familienheim oder das Mobiliar versteuert werden müssen.

 

Die Steuerbefreiungen – ein kleiner Überblick

Das sind die wichtigsten Steuerbefreiungen im ErbStG für geerbtes Privatvermögen:

  • Zugewinn (§ 5 ErbStG): Haben die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt und endet die Ehe, findet ein Zugewinnausgleich statt. Dieser hat zur Folge, dass ein Ehegatte vom anderen einen Ausgleich verlangen kann. Stirbt ein Ehepartner, bleibt diese Ausgleichsforderung im Rahmen der Erbschaftssteuer steuerfrei.
  • Hausrat und andere körperliche Gegenstände (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG): Alle Gegenstände, die zur Haushalts- und Lebensführung geeignet sind (z.B. Einrichtungsgegenstände, Geschirr, Geräte, Wäsche, Kleidung), und andere körperliche Gegenstände (z.B. Auto, Fitness- und Sportgeräte, Werkzeug) sind bis zu einem bestimmten Betrag steuerfrei. Wie hoch der Freibetrag ist, hängt von der Steuerklasse des Erben ab.
  • Familienheim (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG): Stirbt ein Ehepartner und wohnt der andere Partner weiterhin in der gemeinsamen Wohnung, bleibt diese als sog. Familienheim von der Erbschaftssteuer befreit. Die Steuerbefreiung gilt auch, wenn ein Kind das Haus der Eltern erbt und dort selbst, ggf. mit seiner Familie, einzieht.
  • Kunstgegenstände (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG): Gehören zum Erbe auch Kunstgegenstände, sieht das Gesetz dafür eine 60-prozentige und sogar eine vollständige Steuerbefreiung vor. Voraussetzungen sind insbesondere, dass es sich um einen Gegenstand handelt, der eine Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft hat, und dass der Gegenstand für die Allgemeinheit zugänglich ist.
  • Baudenkmäler (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG): Denkmalgeschützte Immobilien sind zu 85 % oder ganz steuerfrei. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist vor allem, dass das Gebäude für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft bedeutsam ist und es der Allgemeinheit zugänglich gemacht wird (mindestens aber interessierten Kreisen).
  • Vermietete Wohnimmobilien (§ 13d ErbStG): Eine zu Wohnzwecken vermietete Immobilie wird im Rahmen der Erbschaftssteuer nur mit 90 % ihres Wertes angesetzt. 10 % bleiben also steuerfrei. Allerdings muss der geerbte Grundbesitz strenge Anforderungen erfüllen. Dem Willen des Erblassers kommt hier eine entscheidende Bedeutung zu.
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Wenn was übrig bleibt: Der persönliche Freibetrag ist ja auch noch da

Jeder Erbe verfügt – abhängig von seiner Steuerklasse – über einen persönlichen Freibetrag.

So hoch sind die persönlichen Freibeträge (§§ 15 Abs. 1, 16 Abs. 1 ErbStG)
Der Erbe istSteuerklasse  persönlicher Freibetrag
EhegatteI Nr. 1500.000 Euro
eingetragener LebenspartnerI Nr. 1500.000 Euro
KindI Nr. 2400.000 Euro
Stief- und AdoptionskindI Nr. 2400.000 Euro
Enkel (wenn Kind des Erblassers verstorben)I Nr. 3400.000 Euro
Enkel (wenn Kind des Erblassers noch lebt)I Nr. 3200.000 Euro
ElternI Nr. 4100.000 Euro
GroßelternI Nr. 4100.000 Euro
GeschwisterII Nr. 220.000 Euro
Nichte/NeffeII Nr. 320.000 Euro
StiefelternII Nr. 420.000 Euro
SchwiegerkindII Nr. 520.000 Euro
SchwiegerelternII Nr. 620.000 Euro
geschiedener EhegatteII Nr. 720.000 Euro
Lebenspartner einer aufgehobenen LebenspartnerschaftII Nr. 720.000 Euro
alle anderen PersonenIII20.000 Euro

Diesen persönlichen Freibetrag darf der Erbe zusätzlich zu den oben genannten Steuerbefreiungen in Anspruch nehmen. Sollte die Steuerbefreiung einen Teil des Erbes nicht abdecken, springt der persönliche Freibetrag ein und übernimmt diesen Teil. Erst wenn nach Abzug des persönlichen Freibetrags noch etwas übrig bleibt, erhebt das Finanzamt darauf Erbschaftssteuer.

Beispiel:

Frau Krauß erbt von ihrem Vater dessen geliebten Oldtimer, Wert 150.000 Euro. Als Tochter kann sie zunächst die Steuerbefreiung für andere körperliche Gegenstände in Höhe von 12.000 Euro in Anspruch nehmen. Damit bleiben 138.000 Euro (= 150.000 Euro ./. 12.000 Euro) übrig. Frau Krauß verfügt über einen persönlichen Freibetrag von 400.000 Euro. Dieser deckt den Wert des Oldtimers, der nicht unter die Steuerbefreiung fällt, vollständig ab, sodass Frau Krauß letztlich steuerfrei erbt.

Was passiert, wenn mehrere Steuerbefreiungen gleichzeitig infrage kommen?

Die einzelnen Steuerbefreiungen schließen sich nicht aus, sondern können vom Erben nebeneinander in Anspruch genommen werden (R E 13.1 Abs. 2 ErbStR).

Beispiel:

Frau Eckert ist Alleinerbin ihrer Mutter. Sie erbt u. a. das von der Mutter selbst bewohnte Einfamilienhaus, eine vermietete Eigentumswohnung (Wert 120.000 Euro), ein Auto (Wert 9.000 Euro) und jede Menge Hausrat (Wert 30.000 Euro). Auf dem Konto der Mutter befanden sich zum Zeitpunkt ihres Todes 85.000 Euro.

Frau Eckert kann diese Steuerbefreiungen in Anspruch nehmen:

  • für das selbst bewohnte Einfamilienhaus: die Steuerbefreiung für das Familienheim, wenn Frau Eckert dort selber einzieht;
  • für die vermietete Eigentumswohnung: die 10-prozentige Steuerbefreiung für vermietete Wohnimmobilien (10 % von 120.000 Euro = 12.000 Euro; der Rest in Höhe von 108.000 Euro ist nicht steuerbefreit);
  • für das Auto: den Freibetrag für andere körperliche Gegenstände in Höhe von 12.000 Euro;
  • für den Hausrat: den Freibetrag in Höhe von 41.000 Euro;
  • für das Geld auf dem Konto: dafür gibt es keine Steuerbefreiung.

Allerdings verfügt Frau Eckert als Tochter über einen persönlichen Freibetrag von 400.000 Euro. Dieser deckt den nicht steuerbefreiten Erwerb ab, also die 108.000 Euro bei der vermieteten Immobilie und die 85.000 Euro auf dem Konto.

Im Ergebnis erbt Frau Eckert alles erbschaftssteuerfrei.

Stichtag: Wann müssen die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen?

Die Erbschaftssteuer entsteht kraft Gesetz mit dem Tod des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Zu diesem Zeitpunkt müssen grundsätzlich auch die Voraussetzungen für die Steuerbefreiungen vorliegen – es sei denn, der Erbe muss nach dem Tod des Erblassers noch in gewisser Weise tätig werden (z. B. in das Familienheim selbst einziehen). Hier kommt es auf die Vorgaben der jeweils einschlägigen Steuerbefreiungsvorschrift an.

Wann eine Steuerbefreiung nachträglich wegfallen kann

Die meisten Steuerbefreiungen sind mit einer Verfügungsbeschränkung versehen. So muss der Erbe zum Beispiel das Familienheim zehn Jahre lang selbst nutzen, sonst fällt die Steuerbefreiung dafür nachträglich weg. Wer seine Kunstgegenstände oder sein Baudenkmal nicht mehr der Allgemeinheit zugänglich macht oder innerhalb von zehn Jahren verkauft, muss ebenfalls damit rechnen, dass das Finanzamt die Steuerbefreiung rückgängig macht. Hausrat darf der Erbe dagegen nach Belieben verkaufen oder verschenken, ohne einen Wegfall der Steuerbefreiung fürchten zu müssen.

Fällt eine Steuerbefreiung nachträglich weg, handelt es sich nun um einen steuerpflichtigen Erwerb, mit der Folge, dass – sollte der persönliche Freibetrag nicht ausreichen – das Finanzamt nachträglich Erbschaftssteuer verlangt.

Auf die Steuerbefreiung verzichten? Kann Sinn machen

Ist ein Gegenstand teilweise von der Erbschaftssteuer befreit, sind Schulden nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem steuerpflichtigen Teil entspricht (§ 10 Abs. 6 Satz 3 ErbStG). Das bedeutet zum Beispiel bei Kunstgegenständen: Sind 60 % des Wertes steuerfrei, dürfen von eventuell bestehenden Schulden nur 40 % abgezogen werden.

Ist das Erbe dagegen komplett von der Erbschaftssteuer befreit, sind die Schulden gar nicht abzugsfähig. Wer also zum Beispiel ein Familienheim komplett steuerfrei erbt, kann Schulden, die auf dem Grundstück lasten, überhaupt nicht geltend machen.

Auf manche Steuerbefreiung kann allerdings verzichtet werden, zum Beispiel auf die (teilweise) Steuerfreiheit für Kunstgegenstände und Baudenkmäler. Ein Verzicht macht vor allem bei teilweise steuerpflichtigem Erwerb Sinn, wenn der geerbte Gegenstand oder das Gebäude überschuldet ist. So vermeidet man, nur einen Teil der Schulden geltend machen zu können und trotzdem Erbschaftssteuer zahlen zu müssen.

Bei anderen Steuerbefreiungen, bei denen kein Verzicht möglich ist, könnte der Erbe durch Nichterfüllen der Voraussetzungen dafür sorgen, dass die Steuerfreiheit nicht angewendet wird, um so die Schulden geltend machen zu können. Ob das aber tatsächlich Sinn macht, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Der Erbe sollte beide Möglichkeiten unbedingt vorher gut durchrechnen.

Muss der Erbe die Steuerbefreiungen beantragen?

Nein, ein Antrag ist nicht nötig. Das Finanzamt gewährt die Steuerbefreiungen von Amts wegen, also automatisch.

Allerdings sollte der Erbe dem Finanzamt zur Sicherheit mitteilen, ob und dass die Voraussetzungen einer bestimmten Steuerbefreiung vorliegen.

Interessant: Raucher und Autofahrer zahlen mehr Steuern als Erben

Angesichts der zahlreichen Steuerbefreiungen und der hohen persönlichen Freibeträge vor allem für nahe Angehörige liegt die Vermutung nahe, dass der Gesetzgeber eigentlich nicht so gerne Erbschaftssteuer kassieren will, und wenn doch, dann möglichst nicht so viel, dass es weh tut. Deshalb verwundert es nicht, dass man die Erbschaftssteuereinnahmen in der jährlichen Steuerspirale unter ferner liefen findet – noch hinter der Kfz-Steuer und der Tabaksteuer. Immerhin: Die Kaffee- und Biersteuer lässt die Erbschaftssteuer weit hinter sich.

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