Die Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke wendet sich vor allem an private Vermieter. Mit 10 % fällt sie jedoch nicht gerade üppig aus. Außerdem muss der geerbte Grundbesitz strengen Anforderungen entsprechen.
Überblick zur Steuerbefreiung für vermietete Wohnimmobilien
Wer kann die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen?
Die Steuerbefreiung für vermietete Wohnimmobilien kann grundsätzlich von jedem Erben, der entsprechenden Grundbesitz erbt, beansprucht werden. Die persönliche Steuerklasse spielt dabei keine Rolle.
Die Steuerbefreiung für vermietete Wohnimmobilien: Die Voraussetzungen im Überblick
Eine vermietete Wohnimmobilie wird im Rahmen der Erbschaftssteuer nur mit 90 % ihres Wertes angesetzt. Dementsprechend bleiben 10 % steuerfrei (§ 13d Abs. 1 ErbStG).
Wichtig:
Die Steuerbefreiung gilt unabhängig vom Wert des Grundstücks. Deshalb können auch Häuser in teuren Wohnlagen, bei denen die ortsübliche Miete ganz erheblich überschritten wird, von der Steuerbefreiung profitieren.
Das sind die Voraussetzungen für die 10-prozentige Steuerbefreiung (§ 13d Abs. 3 ErbStG):
- Das bebaute Grundstück ist zu Wohnzwecken vermietet.
- Die Finanzverwaltung gewährt die Steuerbefreiung nur für Wohnimmobilien, die sich im Inland, in einem EU- oder EWR-Land befinden. Grundstücke in Drittstaaten sind deshalb steuerlich nicht begünstigt (R E 13d Abs. 1 Nr. 2 ErbStR).
- Das Gebäude bzw. das Grundstück gehört nicht zum begünstigten Betriebsvermögen oder zum begünstigten Vermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Für diese gibt es eine eigene Steuerbefreiung (§§ 13a, 13 b ErbStG). Eine doppelte Förderung ist nicht möglich (R E 13d Abs. 4 ErbStR).
Maßgebend für die Steuerbefreiung ist, dass diese Voraussetzungen zum Besteuerungszeitpunkt, also beim Tod des Erblassers vorliegen.
Gut zu wissen:
Bestand für die geerbte Wohnung ein Wohn-Mietvertrag, ist die Voraussetzung „zu Wohnzwecken vermietet“ erfüllt. Die Frage, was diese Voraussetzung im Detail bedeutet, stellt sich für diese Erben nicht.
Ganz anders stellt sich die Lage dar, wenn zum Zeitpunkt des Erbfalls der geerbte Grundbesitz nicht bebaut, das Gebäude nicht bezugsfertig oder die Wohnung nicht vermietet war. Hier muss sich der Erbe mit der Voraussetzung „zu Wohnzwecken vermietet“ intensiv auseinandersetzen, um zu klären, ob ihm die Steuerbefreiung zusteht oder nicht. Dabei kommt es sehr auf den Willen des Erblassers an. Diese Erben sollten hier jetzt unbedingt weiterlesen.
Zu Wohnzwecken vermietet: Was bedeutet das?
Zu Wohnzwecken vermieten kann man nur ein Grundstück, das bebaut ist. Das kann zum Beispiel ein Einfamilienhaus, ein Zweifamilienhaus, ein Mietwohngrundstück oder Gebäude mit Eigentumswohnungen sein.
Außerdem muss das Gebäude zum Zeitpunkt des Erbfalls bezugsfertig sein. Und was bedeutet „bezugsfertig“? Ganz einfach: Alle wesentlichen Bauarbeiten müssen abgeschlossen sein: Die Wände stehen, der Innenausbau ist abgeschlossen, die Leitungen sind gelegt, die sanitären Einrichtungen sind eingebaut, der Estrich ist gegossen, die Wände und Decken sind verputzt. Geringfügige Restarbeiten, wie zum Beispiel Maler- und Tapezierarbeiten und das Verlegen des endgültigen Bodenbelags (Parkett, Teppich o.Ä.), schließen die Bezugsfertigkeit nicht aus (R B 178 Abs. 2 ErbStR).
Die Steuerbefreiung gilt also nicht in diesen Fällen:
- Das Grundstück ist unbebaut.
- Das Gebäude ist schon geplant, mit dem Bau wurde aber noch nicht begonnen.
- Das Gebäude ist gebaut, aber nicht bezugsfertig.
- Der Erbe lässt das nicht bezugsfertige Gebäude fertigstellen und vermietet es anschließend.
Beispiel:
Sandra erbt von ihrem Vater ein Grundstück, auf dem er ein Dreifamilienhaus errichtet hat, das jedoch bei seinem Tod noch nicht bezugsfertig ist. Sandra übernimmt die Fertigstellung. Sie bezieht mit ihrer Familie die Erdgeschoss-Wohnung, die beiden anderen Wohnungen vermietet sie.
Da das Gebäude im Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht bezugsfertig war, kann Sandra die 10-prozentige Steuerbefreiung für die vermieteten Wohnungen nicht beanspruchen.
Für die selbst genutzte Wohnung gibt es übrigens auch nicht die Steuerbefreiung für das Familienheim, da der Erblasser nie in dieser Wohnung gelebt hat.
Wichtig:
Bei der Entscheidung, ob ein Gebäude bezugsfertig ist, ist auf das ganze Gebäude und nicht auf einzelne Wohnungen oder Räume abzustellen. Sind zum Beispiel in einem Mehrparteienhaus die Wohnungen im Erdgeschoss bereits fertiggestellt, die übrigen Wohnungen im Obergeschoss und Dachgeschoss jedoch noch nicht bezugsfertig, weil zum Beispiel der gesamte Innenausbau fehlt, ist das Gebäude insgesamt als nicht bezugsfertig anzusehen (R B 178 Abs. 3 ErbStR).
Vermietung zu Wohnzwecken bedeutet darüber hinaus, dass die betreffenden Räume als Wohnung genutzt werden. Dazu gehören auch Garagen, Nebenräume und Nebengebäude, die sich auf dem Grundstück befinden und mit den vermieteten Wohnungen gemeinsam genutzt werden. Zum Wohnen zählen auch das betreute Wohnen, Ferienwohnungen und Wochenendwohnungen. Kein Wohnen liegt vor bei ausschließlicher bzw. überwiegender Nutzung zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken.
Praxistipp:
Richtet sich der Mieter in der Wohnung ein Arbeitszimmer ein, das er für seine berufliche Tätigkeit nutzt, ist das für die Voraussetzung „Vermietung zu Wohnzwecken“ unschädlich. Das Gleiche gilt, wenn die gewerbliche oder freiberufliche Mitbenutzung der Wohnung nur von untergeordneter Bedeutung ist. Das Wohnen muss also überwiegen (R E 13d Abs. 7 ErbStR).
Leerstand, erstmalige Vermietung, Mieterwechsel und andere Sonderfälle: Der Wille des Erblassers ist entscheidend für die Steuerbefreiung
Um die 10 % der Deutschen ziehen durchschnittlich pro Jahr um. Da stellt sich die Frage, welche Auswirkungen es auf die Steuerbefreiung hat, wenn der Mieter erst kurz vor dem Erbfall eingezogen ist, er kurz danach auszieht, die Wohnung noch oder gerade nicht vermietet wurde oder gar leer steht.
War das Gebäude beim Erbfall zwar bezugsfertig, aber (noch) nicht zu Wohnzwecken vermietet, kommt es sehr darauf an, was der Erblasser mit der Wohnung bzw. dem Gebäude machen wollte. Es spielt also keine Rolle, was der Erbe will oder macht.
Wollte der Erblasser zu Wohnzwecken vermieten, muss der Erbe diese Vermietungsabsicht darlegen. Das gelingt zum Beispiel anhand von bereits abgeschlossenen Mietverträgen, Kontaktaufnahme bzw. Beauftragung eines Maklers, durchgeführte Besichtigungen, Anzeigen im Internet oder in einer Tageszeitung usw. (H E 13d ErbStH „Vermietungsabsicht“).
Wollte der Erblasser zwar zu Wohnzwecken vermieten, hat er vor seinem Tod aber noch nicht mit der Umsetzung dieses Vorhabens begonnen, kommt die Steuerbefreiung nicht in Betracht.
Beispiel:
Frau Sticker zieht in ein Pflegeheim um. Ihr bisher selbst genutztes Einfamilienhaus will sie vermieten, sobald das Haus ausgeräumt ist. Bis zu ihrem Tod wenige Monate später ist die Räumung jedoch noch nicht erfolgt. Die Tochter von Frau Sticker erbt das Haus und vermietet es zu Wohnzwecken.
Zwar wollte Frau Sticker vermieten, hatte mit der Umsetzung der Vermietungsabsicht aber noch nicht begonnen. Deshalb kann die Tochter die Steuerbefreiung nicht in Anspruch nehmen.
Praxistipp:
Diesen Fall hat so der Bundesfinanzhof entschieden (BFH, Urteil vom 11.12.2014, II R 24/14).
Wollte der Erblasser nicht (mehr) zu Wohnzwecken vermieten, sondern die Wohnung selbst nutzen, einen Angehörigen dort kostenlos wohnen lassen oder gewerblich vermieten, scheidet die Steuerbefreiung ebenfalls aus.
Hier den Überblick zu behalten gelingt ganz einfach mit dieser Übersicht:
Sachverhalt | Steuerbefreiung ja oder nein? | Anmerkungen |
---|---|---|
Mieter ist erst kurz vor dem Erbfall eingezogen | ja | entscheidend ist, dass die Wohnung beim Erbfall vermietet war |
Mieter zieht kurz nach dem Erbfall aus | ja | entscheidend ist, dass die Wohnung beim Erbfall vermietet war |
Wohnung steht wegen Mieterwechsel leer | ja | vorübergehender Leerstand ist unschädlich, solange beim Erblasser nachweisbar Vermietungsabsicht bestand |
Wohnung steht wegen Renovierung vorübergehend leer | ja | vorübergehender Leerstand ist unschädlich, solange beim Erblasser nachweisbar Vermietungsabsicht bestand |
Erbe will Wohnung erstmals vermieten | ja | wenn der Erblasser dies auch wollte |
nein | wenn der Erblasser nicht vermieten wollte | |
Erblasser zieht aus und will die Wohnung später vermieten | ja | wenn Vermietungsabsicht nachweisbar |
nein | wenn Vermietungsabsicht nicht nachweisbar | |
Erbe kündigt dem Mieter wegen Eigenbedarf | ja | entscheidend ist, dass die Wohnung beim Erbfall vermietet war |
vom Erblasser bisher selbst genutzte Wohnung wird vom Erben erstmals vermietet | nein | der Erblasser hatte keine Vermietung geplant |
Auszug des Mieters vor dem Erbfall, Erbe zieht selbst ein | ja | wenn die weitere Vermietungsabsicht des Erblassers nachweisbar ist |
nein | wenn die weitere Vermietungsabsicht des Erblassers nicht nachweisbar ist | |
Erblasser kündigt Mieter wegen Eigenbedarf, Erbe will weiter vermieten | nein | Erblasser wollte nicht weiter vermieten |
Erblasser wollte das Gebäude gewerblich vermieten, Erbe vermietet dagegen zu Wohnzwecken | nein | Erblasser wollte nicht zu Wohnzwecken vermieten |
Gemischte Nutzung: Hier muss aufgeteilt werden
Wird ein Mehrfamilienhaus zum Teil zum Wohnen und zum Teil gewerblich genutzt, gilt die 10-prozentige Steuerbefreiung nur für den Teil, der auf das Wohnen entfällt. Die Aufteilung erfolgt verhältnismäßig anhand der Wohn- und Nutzflächen. Garagen und Nebenräume bleiben dabei außen vor (R E 13d Abs. 6 Satz 7 ErbStR).
Beispiel:
Frieda erbt ein Mehrfamilienhaus. Drei Wohnungen sind zu Wohnzwecken vermietet. Außerdem hat eine Steuerberaterkanzlei einige Räume angemietet. Der Grundbesitzwert beträgt 1,2 Mio. Euro. Die drei Wohnungen haben eine Wohnfläche von insgesamt 300 qm, die Kanzlei hat eine Nutzfläche von 100 qm.
So berechnet sich die Steuerbefreiung:
300 qm Wohnfläche : 400 qm Gesamtfläche = 0,75
1,2 Mio. Euro × 0,75 = 900.000 Euro
davon 10 % = 90.000 Euro.
Steuerfrei bleibt vom geerbten Mehrfamilienhaus ein Betrag von 90.000 Euro.
Bei Grundstücken, die teilweise selbst genutzt und teilweise vermietet werden, kann der Erbe unter Umständen sowohl die Steuerbefreiung für das Familienheim als auch die Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke in Anspruch nehmen.
Beispiel:
Marcus erbt von seiner Mutter ein Dreifamilienhaus. Eine Wohnung nutzte die Mutter selbst, zwei Wohnungen sind vermietet. Marcus zieht mit seiner Familie in die Wohnung der Mutter und nutzt diese als Familienheim. Die beiden anderen Wohnungen bleiben, wie bisher auch, vermietet. Für die selbst genutzte Wohnung steht Marcus die Steuerbefreiung für das Familienheim zu. Für die vermieteten Wohnungen gilt die 10-prozentige Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Wohnungen.
Welche Rolle spielt die Höhe der Miete?
Die Höhe der Miete spielt für die Steuerbefreiung keine Rolle. Aber: Darf ein naher Angehöriger eine Wohnung unentgeltlich nutzen, handelt es sich zivilrechtlich nicht um eine Miete, sondern es liegt eine Leihe vor. Für eine unentgeltlich überlassene Wohnung gibt es die Steuerbefreiung also nicht. Deshalb sollten Mieter und Vermieter zumindest im Hinblick auf die 10-prozentige Ersparnis eine gewisse Miete vereinbaren.
Praxistipp:
Ist die vereinbarte Miete zu niedrig, könnte das Finanzamt Gestaltungsmissbrauch vermuten. Außerdem können sich im Rahmen der Einkommensteuer weitere Probleme ergeben (Stichwort „verbilligte Vermietung“). Deshalb sollte man vorab den Rat eines Profis suchen, damit es hinterher keine bösen steuerlichen Überraschungen gibt.
Kann die Steuerbefreiung rückwirkend entfallen?
Der Erbe muss das Wohngrundstück weder behalten noch weitervermieten, es gibt keinerlei gesetzliche Auflagen, Verfügungsbeschränkungen oder Verpflichtungen zu beachten. Die Steuerbefreiung fällt also nicht nachträglich weg, wenn der Erbe den begünstigten Grundbesitz verkauft. Auch wenn er statt einer vom Erblasser geplanten Vermietung zu Wohnzwecken eine gewerbliche Vermietung vornimmt, bleibt die 10-prozentige Steuerbefreiung bestehen. Das Gleiche gilt, wenn der Erbe dem Mieter kündigt, um die Wohnung selbst zu nutzen (R E 13d Abs. 2 ErbStR).
Aber: Überträgt der Erbe auf Wunsch des Erblassers oder aufgrund der Aufteilung des Nachlasses das Eigentum an dem vermieteten Gebäude auf eine andere Person, kann er nicht von der Steuerfreiheit profitieren. Diese kann dann nur die andere Person in Anspruch nehmen.
Was passiert mit den Schulden und Lasten der geerbten Immobilie?
Soweit der Erbe das begünstigte Vermögen steuerfrei erwirbt, sind die damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten nicht abzugsfähig. Da 10 % des Wertes der vermieteten Wohnung steuerfrei bleiben, können Schulden und Lasten nur zu 90 % berücksichtigt werden (§ 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG, R E 10.10 Abs. 5 ErbStR).
Gut zu wissen:
Während es bei anderen Steuerbefreiungen möglich ist, auf diese zu verzichten, um einen 100-prozentigen Abzug von Schulden und Lasten zu ermöglichen, ist dies bei der Steuerbefreiung für vermietete Wohnungen im Gesetz nicht vorgesehen. Diese Steuerbefreiung kann der Erbe also nicht ablehnen.
Mehr ist weniger (Steuer)
Die 10-prozentige Steuerbefreiung für vermietete Wohnungen sollte man als Erbe unter „besser als nichts“ verbuchen – vor allem im Hinblick auf die Steuerbefreiung für gewerbliche Wohnungsbauunternehmen, die im großen Stil vermieten. Deren Erben können sich nämlich über eine 85-prozentige oder gar 100-prozentige Steuerbefreiung freuen.
Im direkten Vergleich kommt da der Erbe kleiner Immobilien ziemlich schlecht weg – obwohl der Gesetzgeber genau diese ja eigentlich durch die Steuerbefreiung fördern und vor Verkäufen allein aus Gründen der Erbschaftssteuer bewahren wollte. Darüber hinaus hängt die Steuerbefreiung von Voraussetzungen ab, bei denen der Streit mit dem Finanzamt in Grenzfällen fast schon vorprogrammiert ist. Fazit: Gut gemeint, schlecht gemacht.