Für Kinder und Enkel sind im Rahmen der Erbschaftssteuer großzügige persönliche Freibeträge vorgesehen. Zusätzlich dazu können Kinder einen besonderen Versorgungsfreibetrag in Anspruch nehmen.
So hoch sind die Freibeträge für Kinder und Enkel
Der persönliche Freibetrag beträgt für
Verwandtschaftsgrad | Freibetrag | Fundstelle |
Kinder (leibliche Kinder, Stiefkinder, Adoptivkinder) | 400.000 Euro | § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, § 15 Abs. 1a ErbStG |
Enkel (wenn Kind des Erblassers schon verstorben ist) | 400.000 Euro | § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG |
Enkel (wenn Kind des Erblassers noch lebt) | 200.000 Euro | § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG |
Den besonderen Versorgungsfreibetrag bekommen nur die Kinder, nicht jedoch die Enkel. Die Höhe des Versorgungsfreibetrags ist nach dem Alter des Kindes gestaffelt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 ErbStG):
Alter des Kindes | Höhe des Versorgungsfreibetrags |
---|---|
bis zu 5 Jahre | 52.000 Euro |
mehr als 5 bis zu 10 Jahren | 41.000 Euro |
mehr als 10 bis zu 15 Jahren | 30.700 Euro |
mehr als 15 bis zu 20 Jahren | 20.500 Euro |
mehr als 20 bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres | 10.300 Euro |
Entscheidend für die Höhe des Versorgungsfreibetrags ist das Alter des Kindes im Zeitpunkt des Erbfalls.
Nach Vollendung des 27. Lebensjahres gibt es für Kinder keinen Versorgungsfreibetrag mehr.
Gut zu wissen:
Während Kinder und Enkel den persönlichen Freibetrag immer ungekürzt in Anspruch nehmen können, wird der Versorgungsfreibetrag meist um bestimmte Versorgungsbezüge gekürzt.
Diese Versorgungsbezüge mindern den Versorgungsfreibetrag
Der Versorgungsfreibetrag ist um den Kapitalwert der Versorgungsbezügen zu kürzen, die dem Kind aus Anlass des Todes des Erblassers zustehen und die nicht der Erbschaftsteuer unterliegen (§ 17 Abs. 2 Satz 2 ErbStG).
Das sind insbesondere (R E 17 Abs. 1 ErbStR):
- Versorgungsbezüge der Hinterbliebenen von Beamten auf Grund der Beamtengesetze des Bundes und der Länder.
- Versorgungsbezüge, die den Hinterbliebenen von Angestellten und Arbeitern aus der gesetzlichen Rentenversicherung zustehen; dies gilt auch in den Fällen freiwilliger Weiter- und Höherversicherung.
- Versorgungsbezüge, die den Hinterbliebenen von Angehörigen der freien Berufe aus einer berufsständischen Pflichtversicherung zustehen; dies gilt auch in den Fällen freiwilliger Weiter- und Höherversicherung.
- Versorgungsbezüge, die den Hinterbliebenen von Abgeordneten auf Grund der Diätengesetze des Bundes und der Länder zustehen.
- Hinterbliebenenbezüge, die auf Tarifvertrag, Betriebsordnung, Betriebsvereinbarung, betrieblicher Übung oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz beruhen und
- Hinterbliebenenbezüge aufgrund eines zwischen dem Erblasser und seinem Arbeitgeber geschlossenen Einzelvertrags, soweit diese angemessen sind.
Praxistipp:
Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Die Finanzverwaltung stellt klar: Bei der Kürzung des Versorgungsfreibetrags sind alle Versorgungsleistungen zu berücksichtigen, die nicht von der Erbschaftssteuer erfasst werden.
Keine Rolle spielt, ob es sich bei den Versorgungsleistungen um lebenslängliche Leistungen, um Leistungen auf bestimmte Zeit oder um Leistungen, die in einem Einmalbetrag gezahlt werden, handelt (R E 17 Abs. 2 ErbStR).
Wie der abzugsfähige Versorgungsfreibetrag berechnet wird
Um den abzugsfähigen Versorgungsfreibetrag zu berechnen, muss man zunächst einmal den „Kapitalwert“ der Versorgungsleistung kennen (Schritt 1). Dazu genügt es nicht, nur die erhaltenen Zahlungen eines Jahres zu berücksichtigen. Vielmehr muss man die Laufzeit der Leistung berücksichtigen. Hierfür benötigt man einen sog. Vervielfältiger (Schritt 2).
Schritt 1: Bei der Berechnung des Kapitalwerts der Versorgungsbezüge ist von der Höhe der jährlichen Bruttobezüge auszugehen, die dem Kind unmittelbar nach dem Tod des Elternteils gezahlt werden. Handelt es sich um eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, kann der entsprechende Betrag den Rentenberechnungen der Rentenversicherungsträger entnommen werden. Auch zusätzliche Zahlungen oder Einmalzahlungen, zum Beispiel Sterbegelder, sind zu berücksichtigen (R E 17 Abs. 3 ErbStR).
Gut zu wissen:
Ob die jeweiligen Leistungen der Einkommensteuer unterliegen, spielt keine Rolle. Es werden also die Bruttobezüge vor Abzug etwaiger Steuern angesetzt (R E 17 Abs. 3 Satz 6 ErbStR).
Schritt 2: Bei der weiteren Berechnung ist zu beachten, dass der Versorgungsbezug bei Kindern meist nicht lebenslänglich bezahlt wird, sondern nur für eine bestimmte Zeit, zum Beispiel bis zum 27. Lebensjahr oder bis die Schul- und Berufsausbildung beendet ist. Deshalb erfolgt die Berechnung hier mit anderen Werten als beim Ehegatten: „Der Kapitalwert von Nutzungen oder Leistungen, die auf bestimmte Zeit beschränkt sind, ist mit dem aus Anlage 9a zu entnehmenden Vielfachen des Jahreswerts anzusetzen.“ (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BewG).
Hier ein Auszug aus der Anlage 9a zum BewG:
Laufzeit in Jahren | Kapitalwert |
---|---|
1 | 0,974 |
2 | 1,897 |
3 | 2,772 |
4 | 3,602 |
5 | 4,388 |
6 | 5,133 |
7 | 5,839 |
8 | 6,509 |
9 | 7,143 |
10 | 7,745 |
11 | 8,315 |
12 | 8,856 |
13 | 9,368 |
14 | 9,853 |
15 | 10,314 |
16 | 10,750 |
17 | 11,163 |
18 | 11,555 |
19 | 11,927 |
20 | 12,279 |
21 | 12,613 |
22 | 12,929 |
23 | 13,229 |
24 | 13,513 |
25 | 13,783 |
26 | 14,038 |
27 | 14,280 |
[…] |
Am Ende setzt man die Werte in diese Formel ein:
Bruttobezug × Vervielfältiger = Kapitalwert des Versorgungsbezugs
Den so ermittelten Kapitalwert zieht man nun noch vom Versorgungsfreibetrag ab. Nur der übrig bleibende Freibetrag mindert den steuerpflichtigen Erwerb.
Versorgungsbezug endet früher als geplant: Kapitalwert kann berichtigt werden
Endet die Zahlung des Versorgungsbezugs früher als erwartet, sollte das Kind eine Korrektur der Berechnung beantragen. Denn in diesem Fall waren die Versorgungsbezüge zu hoch angesetzt worden. Dies kann aber nachträglich – entsprechend der tatsächlichen Bezugsdauer der Versorgungsbezüge – berichtigt werden. Das bedeutet, es wird nun mit einem anderen Vervielfältiger gerechnet. Dieser ist wiederum der Anlage 9a zum BewG zu entnehmen.
Wichtig:
Der Antrag muss bis zum Ablauf des Jahres gestellt werden, das auf das Ende des Versorgungsbezugs folgt. Endet der Versorgungsbezug zum Beispiel im Jahr 2021, muss das Kind den Antrag bis Ende des Jahres 2022 stellen.
Zusammenfassendes Beispiel: So wird der steuerpflichtige Erwerb eines Kindes berechnet
Beispiel:
Johanna ist 15, als ihr Vater stirbt. Er hinterlässt ihr ein Vermögen im Wert von 550.000 Euro (Steuerbefreiungen sind bereits berücksichtigt). Darüber hinaus erhält Johanna einen Versorgungsbezug, der nicht der Erbschaftssteuer unterliegt, in Höhe von 2.000 Euro jährlich. Diesen kann sie bis zum Abschluss der Berufsausbildung beanspruchen, längstens bis zum 27. Lebensjahr. Als Laufzeit des Versorgungsbezugs werden deshalb zunächst zwölf Jahre angesetzt. Der entsprechende Vervielfältiger für die Berechnung des Kapitalwerts des Versorgungsbezugs beträgt 8,856.
Steuerbarer Wert | 550.000 Euro | |
persönlicher Freibetrag | ./. 400.000 Euro | |
besonderer Versorgungsfreibetrag | 30.700 Euro | |
gekürzt um Versorgungsbezüge: 2.000 Euro × 8,856 | ./. 17.712 Euro | |
abzugsfähiger Versorgungsfreibetrag | 12.988 Euro | ./. 12.988 Euro |
steuerpflichtiger Erwerb | 137.012 Euro |
Johanna kann ihre Berufsausbildung schon mit 24 Jahren abschließen. Damit endet der Versorgungsbezug bereits nach neun Jahren. Auf Antrag von Johanna kann der steuerpflichtige Erwerb korrigiert werden. Als Vervielfältiger wird nun – entsprechend der neunjährigen Laufzeit des Bezugs – 7,143 angesetzt.
So wird der korrigierte steuerpflichtige Erwerb berechnet:
Steuerbarer Wert | 550.000 Euro | |
persönlicher Freibetrag | ./. 400.000 Euro | |
besonderer Versorgungsfreibetrag | 30.700 Euro | |
gekürzt um Versorgungsbezüge: 2.000 Euro × 7,143 | ./. 14.286 Euro | |
abzugsfähiger Versorgungsfreibetrag | 16.414 Euro | ./. 16.414 Euro |
steuerpflichtiger Erwerb (korrigiert) | 133.586 Euro |
Die zu viel gezahlte Erbschaftssteuer wird Johanna erstattet.
Kein Versorgungsfreibetrag für Enkel – macht manchmal keinen Sinn
Oft sind die Großeltern für die Enkel wichtige Bezugspersonen – manchmal ist das Verhältnis sogar enger als zu den Eltern. Doch für die Erbschaftssteuer spielt das keine Rolle, hier zählen nur die Verwandtschaftsgrade. Auch wenn die Eltern im schlimmsten Fall ihr Kind verlassen und die Großeltern sich um den Enkel gekümmert haben – trotzdem gibt es keinen Versorgungsfreibetrag für den Enkel. Der bleibt der Kernfamilie, also Ehepartnern und Kindern vorbehalten, auch wenn das im Einzelfall für den Betroffenen als ungerecht empfunden werden könnte.