Persönlicher Freibetrag und Versorgungsfreibetrag: Ehegatten profitieren doppelt

Ehegatten können im Rahmen der Erbschaftssteuer nicht nur einen üppigen persönlichen Freibetrag steuermindernd geltend machen. Zusätzlich ist für sie ein besonderer Versorgungsfreibetrag vorgesehen. Diese Freibeträge gelten natürlich auch für eingetragene Lebenspartner, die ihre Partnerschaft noch nicht in eine Ehe umgewandelt haben.

 

So hoch sind die Freibeträge für Ehegatten

Freibetrag EhegatteFreibetragFundstelle
Der persönliche Freibetrag beträgt500.000 Euro§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
Zusätzlich wird Ehegatten ein besonderer Versorgungsfreibetrag gewährt in Höhe von256.000 Euro§ 17 Abs. 1 ErbStG

Theoretisch könnte damit ein Ehegatte einen Freibetrag von insgesamt 756.000 Euro geltend machen. Praktisch wird diese Summe wohl in den seltensten Fällen tatsächlich erreicht werden. Denn: Während der Ehegatte den persönlichen Freibetrag immer ungekürzt in Anspruch nehmen kann, wird der Versorgungsfreibetrag meist um bestimmte Versorgungsbezüge gekürzt.

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Diese Versorgungsbezüge mindern den Versorgungsfreibetrag

Der Versorgungsfreibetrag ist um den Kapitalwert der Versorgungsbezügen zu kürzen, die dem Ehegatten aus Anlass des Todes des Erblassers zustehen und die nicht der Erbschaftsteuer unterliegen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 ErbStG).

Das sind insbesondere (R E 17 Abs. 1 ErbStR):

  • Versorgungsbezüge der Hinterbliebenen von Beamten auf Grund der Beamtengesetze des Bundes und der Länder.
  • Versorgungsbezüge, die den Hinterbliebenen von Angestellten und Arbeitern aus der gesetzlichen Rentenversicherung zustehen; dies gilt auch in den Fällen freiwilliger Weiter- und Höherversicherung.
  • Versorgungsbezüge, die den Hinterbliebenen von Angehörigen der freien Berufe aus einer berufsständischen Pflichtversicherung zustehen; dies gilt auch in den Fällen freiwilliger Weiter- und Höherversicherung.
  • Versorgungsbezüge, die den Hinterbliebenen von Abgeordneten auf Grund der Diätengesetze des Bundes und der Länder zustehen.
  • Hinterbliebenenbezüge, die auf Tarifvertrag, Betriebsordnung, Betriebsvereinbarung, betrieblicher Übung oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz beruhen und
  • Hinterbliebenenbezüge aufgrund eines zwischen dem Erblasser und seinem Arbeitgeber geschlossenen Einzelvertrags, soweit diese angemessen sind.

Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Die Finanzverwaltung stellt klar: Bei der Kürzung des Versorgungsfreibetrags sind alle Versorgungsleistungen zu berücksichtigen, die nicht von der Erbschaftssteuer erfasst werden.

Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei den Versorgungsleistungen um lebenslängliche Leistungen, um Leistungen auf bestimmte Zeit oder um Leistungen, die in einem Einmalbetrag gezahlt werden, handelt (R E 17 Abs. 2 ErbStR).

Wie der abzugsfähige Versorgungsfreibetrag berechnet wird

Um den abzugsfähigen Versorgungsfreibetrag zu berechnen, muss man zunächst einmal den „Wert“ der Versorgungsleistung kennen (Schritt 1). Dazu genügt es nicht, nur die erhaltenen Zahlungen eines Jahres zu berücksichtigen. Vielmehr muss man hochrechnen, wie lange diese Leistung gezahlt wird. Hierfür benötigt man einen sog. Vervielfältiger – dazu gleich mehr (Schritt 2).

Schritt 1: Bei der Berechnung des Kapitalwerts der Versorgungsbezüge ist von der Höhe der jährlichen Bruttobezüge auszugehen, die dem Ehegatten unmittelbar nach dem Tod des Erblassers gezahlt werden. Handelt es sich um eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, ist grundsätzlich auf den Rentenbetrag abzustellen, der dem Ehegatten nach Ablauf des Sterbevierteljahres zusteht. Dieser kann den Rentenberechnungen der Rentenversicherungsträger entnommen werden. Auch zusätzliche Zahlungen, wie zum Beispiel ein 13. Monatsgehalt, oder Einmalzahlungen, zum Beispiel Sterbegelder, sind zu berücksichtigen (R E 17 Abs. 3 ErbStR).

Gut zu wissen:

Ob die jeweiligen Leistungen der Einkommensteuer unterliegen, spielt keine Rolle. Es werden also die Bruttobezüge vor Abzug etwaiger Steuern angesetzt (R E 17 Abs. 3 Satz 6 ErbStR).

Schritt 2: Die weitere Berechnung bestimmt sich nach dem BewG. Hier findet sich diese Regelung: „Der Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen ist mit dem Vielfachen des Jahreswertes nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 anzusetzen.“ (§ 14 Abs. 1 Satz 1 BewG).

Die genannten Sätze 2 und 3 und deren komplizierten Rechenschritte muss man sich jedoch nicht antun, stattdessen springt man gleich zu Satz 4: Denn das Bundesministerium der Finanzen (BMF) berechnet praktischerweise den benötigten Vervielfältiger, sodass dieser ganz bequem aus einer Tabelle abgelesen werden kann. Man braucht dafür nur das Lebensalter und Geschlecht des überlebenden Ehegatten.

Das BMF aktualisiert diese Tabelle grundsätzlich einmal pro Jahr, meist in den Monaten Oktober, November oder Dezember. Für das Jahr 2021 gelten die Werte des BMF-Schreibens vom 28.10.2020, IV C 7 - S 3104/19/10001 :005.

Hier ein kleiner Auszug:

 MännerFrauen
Lebensalter  Lebens-
erwartung in Jahren  
Kapitalwert  Lebens-
erwartung in Jahren 
Kapitalwert  
[…]    
4832,1715,34536,3816,018
4931,2515,17635,4315,879
5030,3415,00134,4915,734
[…]    
6617,2111,24720,2812,374
6716,4910,95519,4512,088
6815,7810,65618,6311,792
[…]    
7411,738,71213,929,815
7511,108,37013,179,452
7610,478,01712,429,074
[…]    
826,995,8328,266,677
836,495,4847,656,279
846,005,1337,075,887
[…]    
972,192,0672,492,332
982,071,9602,332,191
991,941,8432,182,058

100

und darüber

1,831,7442,041,933

Am Ende setzt man die Werte in diese Formel ein:

Bruttobezug × Vervielfältiger = Kapitalwert des Versorgungsbezugs

Den so ermittelten Kapitalwert zieht man nun noch vom Versorgungsfreibetrag ab. Nur der übrig bleibende Freibetrag mindert den steuerpflichtigen Erwerb.

Überlebender Ehegatte stirbt: Kapitalwert des Versorgungsbezugs kann berichtigt werden

Stirbt der überlebende Ehegatte nach kurzer Zeit, sollten die Erben prüfen, ob eine Korrektur der Berechnung in Betracht kommt. Denn die tatsächliche Dauer des Versorgungsbezugs fällt in diesem Fall ja deutlich kürzer aus, als ursprünglich gedacht. Deshalb waren die Versorgungsbezüge zu hoch angesetzt worden. Das ist aber kein Problem, denn dies kann nachträglich – entsprechend der tatsächlichen Bezugsdauer der Versorgungsbezüge – berichtigt werden. Das bedeutet, es wird nun mit einem anderen Vervielfältiger gerechnet. Dieser ist der Anlage 9a zum BewG zu entnehmen.

Hier ein kleiner Auszug:

Laufzeit in JahrenKapitalwert
10,974
21,897
32,772
43,602
54,388
65,133
75,839
86,509
97,143
107,745
[…] 

Gut zu wissen:

Achtung: Voraussetzung für die Berichtigung ist aber, dass der Versorgungsbezug nur für eine bestimmte Zeit gezahlt wurde (§ 14 Abs. 2 BewG):

Alter des überlebenden Ehegatten zum Zeitpunkt des ErbfallsLeistungszeitraum nicht mehr als
bis zu 30 Jahren10 Jahre
mehr als 30 Jahren bis zu 50 Jahren9 Jahre
mehr als 50 Jahren bis zu 60 Jahren8 Jahre
mehr als 60 Jahren bis zu 65 Jahren7 Jahre
mehr als 65 Jahren bis zu 70 Jahren6 Jahre
mehr als 70 Jahren bis zu 75 Jahren5 Jahre
mehr als 75 Jahren bis zu 80 Jahren4 Jahre
mehr als 80 Jahren bis zu 85 Jahren3 Jahre
mehr als 85 Jahren bis zu 90 Jahren2 Jahre
mehr als 90 Jahren1 Jahr

Das bedeutet, war der überlebende Ehegatte beim Erbfall zum Beispiel 71 Jahre alt und hat er die Versorgungsbezüge sechs Jahre lang erhalten, ist keine Berichtigung möglich.

Wichtig:

Der Antrag muss bis zum Ablauf des Jahres gestellt werden, das auf das Ende des Versorgungsbezugs folgt. Endet der Versorgungsbezug zum Beispiel im Jahr 2021, muss das Kind den Antrag bis Ende des Jahres 2022 stellen.

Was passiert bei einer Scheidung?

Der hohe persönliche Freibetrag und der Versorgungsfreibetrag stehen dem Ehegatten nur zu, wenn zum Zeitpunkt des Erbfalls die Ehe noch bestand. Der geschiedene Ehepartner ist zwar durch die Steuerklasse II noch in gewisser Weise privilegiert, jedoch beträgt hier der persönliche Freibetrag nur 20.000 Euro.

Das gilt auch dann, wenn die geschiedenen Partner sich wieder versöhnt haben und zusammen in einem Haushalt leben. Ohne Trauschein kein Freibetrag für Ehegatten.

Nach der Aufhebung einer Lebenspartnerschaft gehört der ehemalige Lebenspartner ebenfalls in Steuerklasse II.

Zusammenfassendes Beispiel: So wird der steuerpflichtige Erwerb eines Ehegatten berechnet

Beispiel:

Der Ehemann stirbt im Januar 2021. Seine Ehefrau (76 Jahre alt) ist die Alleinerbin. Die Eheleute hatten Gütertrennung vereinbart. Das geerbte Vermögen hat einen steuerbaren Wert von 850.000 Euro (Steuerbefreiungen sind bereits berücksichtigt). Darüber hinaus erhält die Ehefrau Versorgungsbezüge, die nicht der Erbschaftssteuer unterliegen, in Höhe von 25.000 Euro jährlich. Der Vervielfältiger für die Berechnung des Kapitalwerts der Versorgungsbezüge beträgt 9,074.

So wird der steuerpflichtige Erwerb berechnet:

Steuerbarer Wert 850.000 Euro
persönlicher Freibetrag ./. 500.000 Euro
besonderer Versorgungsfreibetrag256.000 Euro 

gekürzt um Versorgungsbezüge:

25.000 Euro × 9,074

./. 226.850 Euro 
abzugsfähiger Versorgungsfreibetrag29.150 Euro./. 29.150 Euro
steuerpflichtiger Erwerb 320.850 Euro

Die Ehefrau stirbt nach vier Jahren. Auf Antrag der Erben kann der steuerpflichtige Erwerb korrigiert werden, da die Ehefrau die Bezüge nicht länger vier Jahre erhalten hat (es zählt hier das Alter bei Tod des Ehemanns). Als Vervielfältiger wird nun – entsprechend der vierjährigen Laufzeit der Bezüge – 3,602 angesetzt.

So wird der korrigierte steuerpflichtige Erwerb berechnet:

Steuerbarer Wert 850.000 Euro
persönlicher Freibetrag ./. 500.000 Euro
besonderer Versorgungsfreibetrag256.000 Euro 

gekürzt um Versorgungsbezüge:

25.000 Euro × 3,602

./. 72.040 Euro 
abzugsfähiger Versorgungsfreibetrag183.960 Euro./. 183.960 Euro
steuerpflichtiger Erwerb (korrigiert) 166.040 Euro

Die zu viel gezahlte Erbschaftssteuer wird den Erben erstattet.

Die Kürzung des Versorgungsfreibetrags gefällt nicht jedem – macht aber Sinn

Warum der Versorgungsfreibetrag gekürzt wird? Ganz einfach: Der erbende Ehegatte soll nicht doppelt profitieren, indem er auf der einen Seite einen großzügigen Versorgungsfreibetrag in Anspruch nehmen kann, gleichzeitig aber auf der anderen Seite erbschaftssteuerfreie Versorgungsleistungen erhält.

Bezieht der Ehegatte Versorgungsbezüge, fällt folglich der besondere Versorgungsfreibetrag niedriger aus – aber immerhin ist der Ehegatte ja durch die Bezüge abgesichert. Je niedriger die Versorgungsbezüge ausfallen, desto höher ist der Versorgungsfreibetrag – und desto mehr behält der Ehegatte von dem geerbten Vermögen. Unter dem Strich ganz klar eine Win-win-Situation.