Vermächtnis, Auflage, Pflichtteil: Auch hier kann es Nachlassverbindlichkeiten geben

Verbindlichkeiten, die dem Erben aus Vermächtnissen, Auflagen und geltend gemachten Pflichtteilen entstehen, gehören zu den Nachlassverbindlichkeiten – und wirken sich damit steuermindernd auf die Erbschaftssteuer aus.

Vermächtnis

Durch ein Vermächtnis wendet der Erblasser einer Person einen bestimmten Gegenstand oder Vermögensvorteil zu. Das kann das Silberbesteck, ein Auto, Grundbesitz, Aktien oder ein Geldbetrag sein. Der Vermächtnisnehmer – also die Person, die das Vermächtnis erhalten soll – hat gegenüber dem Erben einen schuldrechtlichen Anspruch auf Erfüllung (§ 2174 BGB).

Entstehen aus einem Vermächtnis Verbindlichkeiten für den Erben, kann er diese als Nachlassverbindlichkeiten geltend machen (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG). Das gilt sogar dann, wenn der Vermächtnisnehmer seinen Anspruch auf das Vermächtnis gar nicht geltend macht oder darauf verzichtet.

Beispiel:

  • Der Erbe muss aufgrund der Verfügung des Erblassers die Erbschaftssteuer zugunsten eines Vermächtnisnehmers übernehmen. Den entsprechenden Betrag kann der Erbe als Nachlassverbindlichkeit ansetzen (§ 10 Abs. 2 ErbStG).
  • Der Erbe zahlt eine Abfindung an den Vermächtnisnehmer, wenn dieser das Vermächtnis ausschlägt. Die Abfindung stellt ebenfalls eine abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit dar.

Auflage

Mit der Auflage möchte der Erblasser von dem Erben oder einer anderen Person ein bestimmtes Verhalten erwirken.

Eine Auflage muss für den Erben bzw. einen anderen Erwerber eine rechtliche Pflicht begründen. Das bedeutet, der Erblasser muss die Auflage und die damit verbundene Verpflichtung des Erwerbers klar als solche formuliert haben. Sonst sind die entsprechenden Aufwendungen nicht als Nachlassverbindlichkeit abziehbar.

Gegenstand der Auflage kann so ziemlich alles sein. Sehr oft machen Erblasser zum Beispiel dem Erben oder Vermächtnisnehmer zur Auflage, das Grab zu pflegen bzw. die Pflege von Gräbern anderer Personen zu übernehmen, zum Beispiel von nahen Angehörigen des Erblassers.

Beispiel:

  • Der Erblasser hinterlässt einen konkreten Betrag mit der Auflage, davon die Grabpflege für einen bestimmten Zeitraum zu bestreiten. Diese Auflage ist als Nachlassverbindlichkeit abziehbar (H E 10.7 ErbStH, Tz. 4 und 5).
  • Auch die Auflage, einen geerbten Geldbetrag für einen bestimmten Zweck zu verwenden, ist grundsätzlich eine abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit.

Wichtig:

Kommt die Auflage dem Erben selbst zugute, darf diese Auflage nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden. Hier hat der Gesetzgeber leider ein Abzugsverbot eingebaut (§ 10 Abs. 9 ErbStG).

Beispiel:

Erblasser Karl hinterlässt seiner Enkelin Andrea das von ihm bewohnte Einfamilienhaus. Darüber hinaus vermacht er ihr einen Geldbetrag in Höhe von 50.000 Euro mit der Auflage, das geerbte Einfamilienhaus davon zu renovieren und Instand zu setzen.

Diese Auflage kommt Andrea selbst zugute. Denn sie müsste, wenn sie das Haus selber nutzen sollte, keine eigenen Mittel für die Renovierung aufwenden. Bei einem Verkauf würde ein renoviertes Haus einen höheren Preis erzielen. Bei dem Betrag von 50.000 Euro handelt es sich deshalb trotz der Auflage nicht um eine Nachlassverbindlichkeit.

Folgelasten eines geerbten Gegenstandes sind keine Auflagen.

Beispiele:

  • Grundsteuer für ein Grundstück
  • Futter- und Pflegekosten für einen Hund, der laut Verfügung des Erblassers von einer bestimmten Person aufgenommen werden soll

Übrigens: Ist durch die Auflage eine bestimmte Person begünstigt, kann diese nicht selbst die Erfüllung der Auflage verlangen. Damit diese Person zu ihrem Recht kommt, müsste ein Miterbe oder ein Testamentsvollstrecker die Umsetzung der Auflage durchsetzen (§ 2194 BGB).

Pflichtteil

Der Erblasser kann im Testament grundsätzlich frei entscheiden, wie er sein Vermögen verteilt. Dabei kann er auch den einen oder anderen Angehörigen enterben. Der Enterbte hat mit der Verteilung des Erbes dann zwar nichts mehr zu tun, hat aber trotzdem einen Anspruch auf einen Teil des Vermögens – den sogenannten Pflichtteil.

Verbindlichkeiten, die sich aus Pflichtteilsansprüchen ergeben, kann der Erbe als Nachlassverbindlichkeiten ansetzen. Allerdings ist zu beachten: Nur wenn die Berechtigten ihre Pflichtteilsansprüche tatsächlich geltend machen, liegt eine Nachlassverbindlichkeit vor. Das bloße Bestehen des Anspruchs genügt also nicht!

Deshalb gilt: Bei einem Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch ist kein Abzug als Nachlassverbindlichkeit möglich.

Macht der Pflichtteilsberechtigte gegenüber dem Erben nur einen Teil seines Anspruchs geltend, kann der Erbe folglich nur diesen Teil als Nachlassverbindlichkeit geltend machen.

Gibt sich der Pflichtteilsberechtigte mit weniger zufrieden, als ihm eigentlich zustehen würde, kann der Erbe ebenfalls nur den geringeren Betrag als Nachlassverbindlichkeit ansetzen.

Praxistipp:

Verzichtet der Pflichtteilsberechtigte darauf, seinen Anspruch geltend zu machen, und erhält er dafür vom Erben eine Abfindung, stellt diese eine Nachlassverbindlichkeit dar.

Wie der Erblasser es den Erben leichter machen kann

Wer sein Testament verfasst und Auflagen und Vermächtnisse mit aufnehmen möchte, sollte sich diesbezüglich vorher gut informieren und/oder fachlichen Rat einholen. Eine klare und rechtssichere Formulierung macht es den Erben leichter, die Wünsche des Erblassers auch tatsächlich adäquat erfüllen zu können. So ließe sich zum Beispiel vermeiden, dass das geliebte Haustier am Ende doch im Tierheim landet oder das Grab verkommt, weil die Lust an der Grabpflege nach kurzer Zeit verloren geht – oder das dafür vorgesehene Geld anderweitig Verwendung findet.