Zur Frage, ob der Erwerb überhaupt in Deutschland steuerpflichtig ist

Die persönliche Steuerpflicht betrifft die Frage, ob die Person des Erwerbers in Deutschland überhaupt erbschaftssteuerpflichtig ist. Eine wichtige Rolle spielt hier auch die Person des Erblassers. Und die Frage, wo das geerbte Vermögen sich befindet, kann ebenfalls für die Steuerpflicht entscheidend sein.

Diese Fälle der persönlichen Steuerpflicht gibt es

Zu unterscheiden ist zwischen

  • unbeschränkter Steuerpflicht,
  • beschränkter Steuerpflicht,
  • erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht und
  • erweiterter beschränkter Steuerpflicht.

Wann welche Steuerpflicht vorliegt, hängt in erster Linie davon ab, ob Erblasser und/oder Erwerber „Inländer“ im Sinne des ErbStG sind.

Was ist ein „Inländer“?

„Inländer“ sind Personen, die im Inland – also in Deutschland – wohnen oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Ob jemand ein solcher Inländer ist, ist also keine Frage der Staatsangehörigkeit. Diese spielt bei der Erbschaftssteuerpflicht grundsätzlich keine Rolle. Deshalb kann ein ausländischer Staatsangehöriger erbschaftssteuerlicher Inländer sein, während ein deutscher Staatsangehöriger, der im Ausland lebt, nicht automatisch Inländer im Sinne des ErbStG ist.

Beispiel:

Der Erblasser hat die griechische Staatsangehörigkeit und wohnt bis zu seinem Tod in Deutschland. Damit ist er Inländer im Sinne des ErbStG.

Der Erbe hat die deutsche Staatsangehörigkeit und lebt in Spanien. Deshalb ist er grundsätzlich kein Inländer im Sinne des ErbStG.

Unbeschränkte Steuerpflicht

Unbeschränkte Steuerpflicht liegt vor, wenn einer der Beteiligten Inländer ist, also entweder der Erblasser oder der Erwerber.

In diesen Fällen ist eine unbeschränkte Steuerpflicht gegeben:

  • Erblasser = Inländer
    Erwerber = Inländer
  • Erblasser = Inländer
    Erwerber ≠ Inländer
  • Erblasser ≠ Inländer
    Erwerber = Inländer

Sind weder der Erblasser noch der Erwerber Inländer, liegt keine unbeschränkte Steuerpflicht vor – eventuell jedoch eine beschränkte Steuerpflicht.

Ist der Erblasser kein Inländer und gilt nur einer von mehreren Erwerbern als Inländer, umfasst die unbeschränkte Steuerpflicht nur den inländischen Erwerber. Die anderen Erwerber, die im Ausland leben, werden nicht von der unbeschränkten Steuerpflicht erfasst. Für diese kommt ggf. eine beschränkte Steuerpflicht in Betracht, wenn Inlandsvermögen vorhanden ist.

Beispiel:

Der Erblasser lebt in Mexiko, die Tochter in Deutschland, der Sohn in Dänemark. Die Tochter erbt ein Grundstück in Deutschland, der Sohn ein Grundstück in Belgien.

Da die Tochter in Deutschland lebt, ist sie Inländerin. Allerdings gilt die unbeschränkte Steuerpflicht nur für den auf sie entfallenden Teil des Nachlasses, also für das Grundstück in Deutschland. Das Grundstück in Belgien, das der Sohn erbt, fällt nicht unter die unbeschränkte Steuerpflicht.

Der Sohn ist weder Inländer noch erbt er Inlandsvermögen. In Deutschland besteht für ihn demnach keine Steuerpflicht.

Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf sämtliches inländisches und ausländisches Vermögen, das zum Erwerbsvorgang gehört (R E 2.1 Abs. 1 Satz 3 ErbStR).

Bei ausländischem Vermögen gibt es ggf. Einschränkungen durch ein Doppelbesteuerungsabkommen oder durch die Anrechnung ausländischer Steuer zu beachten.

Beschränkte Steuerpflicht

Wenn weder der Erblasser noch der Erwerber Inländer sind, kann eine beschränkte Steuerpflicht vorliegen. Das ist aber nur dann der Fall, wenn zum Vermögen des Erblassers sogenanntes Inlandsvermögen gehört. Dieses ist in § 121 BewG definiert. Dazu gehört zum Beispiel inländisches Grundvermögen oder inländisches Betriebsvermögen.

Beispiel:

Der Erblasser lebte bis zu seinem Tod in Schweden. Seinem Sohn, der in Chile lebt, hinterlässt er ein Grundstück in Deutschland. Eine unbeschränkte Steuerpflicht kommt nicht infrage, da weder Erblasser noch der Sohn als Erwerber Inländer sind. Für den Sohn gilt die beschränkte Steuerpflicht in Deutschland, da es sich bei dem Grundstück um Inlandsvermögen handelt.

Achtung:

Die beschränkte Steuerpflicht hat zur Folge, dass der persönliche Freibetrag des Erben um einen Teilbetrag gekürzt wird. Dieser Teilbetrag entspricht dem Verhältnis des Wertes des der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Vermögens zum Wert des gesamten erworbenen Vermögens (§ 16 Abs. 2 ErbStG).

Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht

Deutsche Staatsangehörige, die

  • keinen Wohnsitz in Deutschland haben und
  • nicht länger als fünf Jahre im Ausland leben,

gelten erbschaftssteuerlich weiterhin als Inländer. In diesem Fall liegt die sogenannte erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht vor. Typische Fälle sind befristete Delegationen ins Ausland.

Weiterhin liegt eine erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht vor bei deutschen Staatsangehörigen, die in einem Dienstverhältnisse bei einer inländischen Körperschaft des öffentlichen Rechts stehen. Das sind insbesondere Auslandsbedienstete. Die Fünfjahresfrist gilt hier nicht.

Der Zweck dieser Regelung ist ein rein fiskalischer: Die Steuerpflicht soll nicht durch eine vorübergehende Verlegung des Wohnsitzes in das Ausland umgangen werden können.

Beispiel:

Der Erblasser besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Seit dem Jahr 2020 lebt er in Luxemburg. Im Jahr 2022 stirbt er. Seine Tochter, die in den USA lebt, ist die Alleinerbin. Da der Erblasser nicht länger als fünf Jahre im Ausland lebte, gilt er als Inländer und es liegt eine erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht vor. Damit ist die Tochter in Deutschland unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig.

Erweiterte beschränkte Steuerpflicht

Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht tritt ein, wenn der Erblasser von Deutschland in ein sog. Niedrigsteuerland umzieht und er in den letzten zehn Jahren vor seiner Auswanderung als Deutscher insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war (§ 2 Abs. 1 AStG).

Die erweiterte beschränkte Erbschaftsteuerpflicht kann jedoch erst dann eintreten, wenn der Fünfjahreszeitraum, in dem die erweiterte unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht vorliegen kann, abgelaufen ist.

Beispiel:

Der Erblasser wechselte seinen Wohnsitz zum 1.1.2018 und zog von Deutschland in ein Niedrigsteuerland. Alleinerbin ist die Tochter, die im Ausland lebt.

Variante 1: Der Erblasser stirbt im Jahr 2021.

Variante 2: Der Erblasser stirbt im Jahr 2025.

Variante 3: Der Erblasser stirbt im Jahr 2029.

In Variante 1 stirbt der Erblasser innerhalb des Fünfjahreszeitraums, deshalb gilt er als Inländer. Der Erwerb der Tochter unterliegt der (erweiterten) unbeschränkten Steuerpflicht.

In Variante 2 sind seit dem Umzug mehr als fünf Jahre, aber noch keine zehn Jahre vergangen. Deshalb kommt es hier zur erweiterten beschränkten Steuerpflicht.

In Variante 3 ist der Zehnjahreszeitraum abgelaufen, sodass eine erweiterte beschränkte Steuerpflicht nicht mehr in Betracht kommt. Sollte zum Erwerb Inlandsvermögen gehören, kann lediglich eine beschränkte Steuerpflicht vorliegen.

Fazit

Der Erblasser lebt im Ausland, ebenso der Erwerber – wer denkt da schon an die deutsche Erbschaftssteuer. Trotzdem sollte man sich im Klaren darüber sein, dass trotz Wohnsitz im Ausland der Erwerb in Deutschland steuerpflichtig sein kann. Das deutsche ErbStG hält – wie man an der erweiterten unbeschränkten und erweiterten beschränkten Steuerpflicht sehen kann – einige Überraschungen parat.