Anzeigepflicht: Was das Finanzamt wann vom Erben wissen will

Das Finanzamt muss prüfen können, ob es zu einem steuerpflichtigen Erwerb gekommen ist. Deshalb sind Erben, Vermächtnisnehmer und andere Erwerber grundsätzlich dazu verpflichtet, dem Finanzamt ihren jeweiligen Erwerb anzuzeigen, also zu melden. Dies muss innerhalb einer bestimmten Frist geschehen. Aber es gibt natürlich auch Ausnahmen von der Anzeigepflicht.

 

Wer ist zur Anzeige verpflichtet?

Anzeigepflichtig ist der Erwerber, also insbesondere der Erbe, der Vermächtnisnehmer und der Pflichtteilsberechtigte (§ 30 Abs. 1 ErbStG).

Die Anzeigepflicht trifft dagegen nicht den Testamentsvollstrecker – dieser muss aber unter Umständen eine Steuererklärung abgeben.

Ausnahme: Keine Anzeigepflicht besteht für den Erwerber jedoch, wenn eine Verfügung von Todes wegen, also insbesondere ein Testament, von einem deutschen Gericht, einem deutschen Notar oder einem deutschen Konsul eröffnet wird. In diesem Fall ist nämlich das Gericht, der Notar bzw. der Konsul zur Anzeige verpflichtet (§ 34 ErbStG).

Ausnahme von der Ausnahme: Gehört zum Erwerb zum Beispiel Grundbesitz oder Betriebsvermögen, ist der Erwerber doch wieder zur Anzeige verpflichtet – also auch wenn das Testament zum Beispiel von einem Notar eröffnet werden sollte, muss in diesem Fall der Erwerber den Erwerb anzeigen.

Beispiel:

Der Erblasser setzt per Testament seinen Enkel Axel zum Alleinerben ein. Das Testament wird durch einen deutschen Notar eröffnet.

Variante 1: Besteht das Erbe aus Bargeld, Kunstgegenständen und anderen Wertgegenständen, ist der Enkel als Alleinerbe nicht anzeigepflichtig.

Variante 2: Erbt der Enkel (auch) Grundbesitz, ist er dagegen selbst zur Anzeige verpflichtet.

Hat das Finanzamt bereits durch die Steuererklärung eines anderen Erwerbers von dem Erbfall und den dadurch begünstigten Personen erfahren, entfällt ebenfalls eine Anzeigepflicht.

Beispiel:

Enkel Axel gibt eine Erbschaftssteuererklärung ab und nennt darin eine pflichtteilsberechtigte Person. Dieser Pflichtteilsberechtigte muss seinen Erwerb nicht mehr selbst beim Finanzamt anzeigen.

Wichtig:

Die Anzeigepflicht ist keine Steuererklärungspflicht. So kann es vorkommen, dass ein Erwerber zwar zu einer Anzeige des Erwerbs verpflichtet ist, nicht aber zur Abgabe einer Steuererklärung. Auch ist der umgekehrte Fall denkbar, dass keine Anzeigepflicht besteht, aber eine Steuererklärung abgegeben werden muss. Und dann gibt es natürlich noch die Fälle, in denen sowohl eine Anzeige getätigt als auch eine Steuererklärung eingereicht werden muss.

Was muss der Erwerber wo anzeigen?

Der Erwerber muss jeden „der Erbschaftsteuer unterliegenden Erwerb“ anzeigen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 ErbStG).

Das soll bei einem Erbfall in der Anzeige stehen (§ 30 Abs. 4 ErbStG):

  • Vorname und Familienname, Identifikationsnummer, Beruf, Wohnung des Erblassers und des Erwerbers;
  • Todestag und Sterbeort des Erblassers;
  • Gegenstand und Wert des Erwerbs;
  • Rechtsgrund des Erwerbs wie gesetzliche Erbfolge, Vermächtnis;
  • persönliches Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser wie Verwandtschaft, Schwägerschaft, Dienstverhältnis;
  • frühere Zuwendungen des Erblassers an den Erwerber nach Art, Wert und Zeitpunkt der einzelnen Zuwendung.

Praxistipp:

Diese Liste sollte dem Erwerber keine schlaflosen Nächte bereiten. Denn es handelt sich um eine „Soll-Vorschrift“, die Anzeige muss also nicht alle genannten Angaben enthalten. Das Finanzamt soll durch die Anzeige lediglich in der Lage sein, zu prüfen, ob der Erwerb der deutschen Erbschaftssteuer unterliegt. Dafür reicht es grundsätzlich aus, wenn in der Anzeige Erblasser und Erwerber und der Grund für den Erwerb genannt sind. Keinesfalls müssen zu diesem Zeitpunkt Gutachten über den Wert des Erwerbs eingeholt werden!

Für die Anzeige genügt ein formloses Schreiben, manche Finanzämter stellen auch entsprechende Formulare bereit.

Adressat der Anzeige ist das Finanzamt, in dessen Zuständigkeitsbereich die Verwaltung der Erbschaftssteuer fällt, bzw. die dort zuständige Dienststelle.

Keine Rolle spielt, ob der jeweilige Erwerb steuerpflichtig ist oder aufgrund von Steuerbefreiungen oder persönlicher Freibeträge steuerfrei bleibt. Die Anzeigepflicht besteht also auch dann bestehen, wenn durch den persönlichen Freibetrag für das Erbe keine Erbschaftssteuer anfällt. Nur das Finanzamt entscheidet über die Steuerpflicht des Erwerbs, nicht der Erwerber.

Eine Ausnahme von der Anzeigepflicht besteht nur dann, wenn das Nichtvorliegen einer Steuerpflicht eindeutig und zweifelsfrei feststeht. In diesem Fall wäre ein Besteuerungsverfahren sinnlos und würde nur Zeit kosten.

Praxistipp:

Im Zweifel sollte sich der Erwerber beim Finanzamt erkundigen, ob eine Anzeigepflicht besteht oder nicht.

Innerhalb welcher Frist muss der Erwerber den Erwerb anzeigen?

Die Frist für die Anzeige beträgt drei Monate.

Sie beginnt, wenn der Erwerber sichere und zuverlässige Kenntnis von dem Erbfall hat.

Liegt ein Testament vor, besteht diese Kenntnis erst mit Eröffnung des Testaments. Bei gesetzlicher Erbfolge muss der Erbe sicher sein können, dass kein anderer Verwandter vor ihm erbt bzw. wer ggf. Miterbe ist.

Sind die erbrechtlichen Verhältnisse völlig unklar und unübersichtlich, liegt die Kenntnis je nach Einzelfall sogar erst dann vor, wenn ein Erbschein erteilt ist.

Warum kommt es auf die Kenntnis bzw. die Anzeige an?

Kenntnis und Anzeige spielen bei der Verjährung der Erbschaftssteuer eine große Rolle.

Ein Erbschaftssteueranspruch des Finanzamts verjährt grundsätzlich innerhalb von vier Jahren. Das ist die sogenannte Festsetzungsfrist. Diese beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Innerhalb dieser Festsetzungsfrist muss das Finanzamt die Erbschaftssteuer festsetzen, sprich einen Bescheid erlassen, in dem es von den Erwerbern die Zahlung von Erbschaftssteuer verlangt.

Beispiel:

Der Erbfall ist am 12.4.2021. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres 2021 und endet grundsätzlich nach vier Jahren am 31.12.2025.

Es gibt aber Fälle, in denen die Festsetzungsfrist erst später beginnt. Dies nennt man Anlaufhemmung. Eine solche liegt insbesondere dann vor, wenn eine Anzeige erstattet werden muss. Die Festsetzungsfrist beginnt hier erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Anzeige eingereicht wird.

Beispiel:

Für den Erbfall am 12.4.2021 reicht der Erbe erst am 6.1.2022 die Anzeige über den Erwerb beim Finanzamt ein. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres 2022 und endet nach vier Jahren am 31.12.2026.

Der Beginn der Festsetzungsfrist ist jedoch für maximal drei Jahre gehemmt.

Beispiel:

Für den Erbfall am 12.4.2021 erfolgt weder eine Anzeige noch wird eine Erbschaftssteuererklärung abgegeben. Die Anlaufhemmung beginnt mit Ablauf des Jahres 2021 und endet drei Jahre später am 31.12.2024. Mit Ablauf des Jahres 2024 beginnt dann die Festsetzungsfrist von vier Jahren. Sie endet am 31.12.2028. Bis zum 31.12.2028 darf das Finanzamt einen Erbschaftssteuerbescheid erlassen.

Für den Bereich der Erbschaftssteuer gibt es dann noch eine Sonderregelung zu beachten. Denn bei einem Erwerb von Todes wegen beginnt die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Erwerber von dem Erwerb Kenntnis erlangt hat. Das bedeutet: Erst wenn der Erbe weiß, dass er geerbt hat, beginnt die Festsetzungsfrist zu laufen. Die dreijährige Anlaufhemmung gilt hier nicht.

Beispiel:

Für den Erbfall am 12.4.2021 kann ein Erbe erst im Jahr 2025 ermittelt werden. Da dieser erst 2025 Kenntnis von dem Erbfall hat, beginnt die Festsetzungsfrist auch erst mit Ablauf des Jahres 2025. Sie endet nach vier Jahren am 31.12.2029.

Damit hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass bei unklaren Sachverhalten die Steueransprüche des Fiskus nicht verjähren, bevor die Erben überhaupt ermittelt sind. So hat das Finanzamt auf jeden Fall genug Zeit, die Erbschaftssteuer festsetzen zu können.

Was passiert, wenn keine Anzeige gemacht wird?

Wer gegen die Anzeigepflicht verstößt, begeht unter Umständen eine Steuerstraftat. Das kann eine leichtfertige Steuerverkürzung sein, aber auch eine Steuerhinterziehung – je nachdem, ob die Nichtanzeige aus Versehen oder vorsätzlich geschieht.

Beispiel:

Uli erbt von seinem Onkel ein vermietetes Mehrparteienhaus im Wert von 900.000 Euro. Seiner Anzeigepflicht kommt Uli nicht nach, da er keine Lust hat, die hohen Erbschaftssteuern zu bezahlen. In diesem Fall handelt Uli vorsätzlich, damit steht eine Steuerhinterziehung im Raum. Diese kann eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe nach sich ziehen. Dazu können noch Hinterziehungszinsen kommen.

Achtung:

Bei einer Steuerstraftat verlängert sich die Festsetzungsfrist. Im Fall einer Steuerverkürzung beträgt die Festsetzungsfrist fünf Jahre, bei einer Steuerhinterziehung beträgt die Festsetzungsfrist sogar zehn Jahre.

Fragen zur Anzeigepflicht? Finanzamt fragen

Die Anzeigepflicht sollte man als Erwerber ernst nehmen und keinesfalls vernachlässigen. Auch wenn das Erbe nur ein kleines ist und von den persönlichen Freibeträgen abgedeckt wird – allein dem Finanzamt obliegt die Beurteilung des Erbfalls und nicht dem Erwerber. Im Zweifel sollte man rechtzeitig Kontakt mit dem Finanzamt aufnehmen, um Fragen rund um die Anzeigepflicht zu klären.