Stundung: Wenn man nicht alles auf einmal zahlen kann

Das Finanzamt nennt im Erbschaftssteuerbescheid einen Termin, zu dem die Erbschaftssteuer fällig wird. Kann der Erwerber den fälligen Betrag nicht auf einmal zahlen, besteht durch eine Stundung die Möglichkeit, die Steuer über einen bestimmten Zeitraum verteilt zu begleichen. Eine Stundung kommt aber nicht bei jedem Erwerb in Betracht und ist zudem an Voraussetzungen geknüpft.

 

Bei welchen Erwerben kommt eine Stundung infrage?

Grundsätzlich kann das Finanzamt bei jedem Erwerb eine Stundung gewähren. In vielen Fällen liegt dies im Ermessen des Sachbearbeiters, der die Gründe, die für und gegen eine Stundung sprechen, abwägen muss.

Der Erwerber hat jedoch einen Anspruch auf die Stundung – das Finanzamt muss also die Stundung gewähren –, wenn es sich um einen im Gesetz genannten begünstigten Vermögensgegenstand handelt und die jeweils gesetzlich geregelten Voraussetzungen erfüllt sind (§ 28 ErbStG).

Zum begünstigten Vermögen gehören insbesondere:

  • ein zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück
  • Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Wohneigentum, das der Erwerber zu eigenen Wohnzwecken nutzt
  • inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen
  • inländisches Betriebsvermögen
  • Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland oder in der EU/im EWR, wenn der Erblasser zu mehr als 25 % beteiligt war.

Wichtig:

Steuerklasse oder Verwandtschaftsverhältnisse spielen grundsätzlich keine Rolle für die Stundung.

Zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück: Die Voraussetzungen der Stundung

Die Erbschaftssteuer wird gestundet, wenn die Steuer nur durch den Verkauf der Immobilie aufgebracht werden könnte. Das wäre nicht zumutbar.

Allerdings ist es dem Erwerber zuzumuten, die gestundeten Steuerbeträge aus den laufenden Mieteinnahmen des Grundbesitzes zu tilgen (R E 28 Abs. 7 Satz 5 ErbStR).

Achtung:

Hat der Erwerber eigenes Vermögen oder besteht das Erbe aus weiterem Vermögen, zum Beispiel aus einem unbebauten Grundstück oder aus Bargeld oder einem Aktienpaket, besteht kein Anspruch auf Stundung. Zur Begleichung der Erbschaftssteuer muss der Erwerber dieses Vermögen verwerten bzw. verwenden. Kann der Erwerber einen Kredit aufnehmen, wird das Finanzamt ebenfalls keine Stundung gewähren (R E 28 Abs. 7 ErbStR).

Bei zu Wohnzwecken vermietetem Grundbesitz ist eine Stundung von bis zu zehn Jahren möglich.

Die Stundung endet, wenn der Grundbesitz verkauft oder verschenkt wird.

Selbst genutzte Wohnungen: Die Voraussetzungen der Stundung

Nutzt der Erwerber ein Einfamilienhaus, ein Zweifamilienhaus oder Wohneigentum zu eigenen Wohnzwecken, kann die Erbschaftssteuer ebenfalls gestundet werden. Der Anspruch auf Stundung besteht allerdings nur, wenn der Erwerber den Grundbesitz verkaufen müsste, um die Erbschaftssteuer zahlen zu können (R E 28 Abs. 5 Satz 1 ErbStR).

Praxistipp:

Besteht das Erbe aus weiterem Vermögen, zum Beispiel aus einem unbebauten Grundstück oder aus Bargeld oder einem Aktienpaket, besteht kein Anspruch auf Stundung. Das Gleiche gilt, wenn der Erwerber eigenes Vermögen hat. Zur Begleichung der Erbschaftssteuer muss der Erwerber dieses Vermögen verwerten bzw. verwenden. Kann der Erwerber einen Kredit aufnehmen, wird das Finanzamt ebenfalls keine Stundung gewähren (R E 28 Abs. 7 ErbStR).

Hier ist eine Stundung längstens für die Dauer der Selbstnutzung möglich, maximal bis zu zehn Jahre.

Endet die Selbstnutzung vor Ablauf der zehn Jahre und vermietet der Erwerber die Immobilie anschließend zu Wohnzwecken, gewährt das Finanzamt die Stundung weiterhin, und zwar bis zum Ende des ursprünglichen Zehnjahreszeitraums (R E 28 Abs. 6 Satz 5 ErbStR).

Beispiel:

Der Erbe nutzt das geerbte Einfamilienhaus zu eigenen Wohnzwecken. Das Finanzamt stundet die Erbschaftssteuer. Nach fünf Jahren muss der Erbe berufsbedingt umziehen. Er vermietet nun das Haus an eine Familie. Da der Erbe zu Wohnzwecken vermietet, bleibt die Stundung bestehen, und zwar für weitere fünf Jahre, bis der Zehnjahreszeitraum endet.

Keine Voraussetzung für die Stundung ist, dass der Erblasser die Wohnung vor seinem Tod selbst genutzt hat. Sie muss insbesondere nicht das Familienheim des Erblassers gewesen sein.

Achtung:

Wohnungen in einem gemischt genutzten Gebäude oder in einem Geschäftshaus sind hier nicht begünstigt (R E 28 Abs. 6 Satz 3 ErbStR).

Die Stundung endet, wenn der Grundbesitz verkauft oder verschenkt wird.

Betriebsvermögen, Land- und Forstwirtschaft, Anteile an Kapitalgesellschaften: Die Voraussetzungen der Stundung

Auch beim Erwerb von bestimmtem begünstigtem Betriebsvermögen kommt eine Stundung der Erbschaftssteuer in Betracht.

Die auf den begünstigten Teil des Vermögens entfallende Erbschaftssteuer stundet das Finanzamt bis zu sieben Jahre.

Die Stundung endet, wenn der Erwerber den Betrieb nicht lange genug behält oder nicht weiter führt, er also die Behaltensfrist von fünf Jahren nicht einhält. Außerdem endet die Stundung, wenn der Erwerber den Betrieb verschenkt oder aufgibt.

Wie wird die gestundete Steuer bezahlt?

Der Erwerber zahlt die gestundete Steuer in gleichen Jahresbeträgen (R E 28 Abs. 2 ErbStR).

Der erste Jahresbetrag ist ein Jahr nach Festsetzung der Steuer fällig.

Wenn die Stundung endet: Was passiert dann?

Ein Ende der Stundung bedeutet: Die gesamte, noch nicht bezahlte Erbschaftssteuer ist fällig, d.h., der Erwerber muss die Steuer sofort bezahlen.

Insbesondere bei einem Verkauf ist ja nun genug Geld da, um die Steuerschulden zu tilgen.

Wie wird eine Stundung beantragt?

Eine Frist, innerhalb der der Antrag auf Stundung gestellt werden muss, gibt es nicht. Eine bestimmte Form ist auch nicht vorgeschrieben – jedoch sollte man einen Stundungsantrag immer schriftlich oder per Mail an das Finanzamt schicken, um im Zweifel einen Nachweis in den Händen zu halten.

Praxistipp:

Stellt man bei Erhalt des Erbschaftssteuerbescheids fest, dass man die festgesetzte Steuer nicht zahlen kann, sollte man unverzüglich Stundung beantragen – am besten vor Fälligkeit der Steuer, damit nicht auch noch Säumniszuschläge dazu kommen.

Wann Stundungszinsen fällig werden

Bei zu Wohnzwecken vermietetem Grundbesitz und bei selbstgenutzten Wohnungen fallen keine Stundungszinsen an.

Die Stundung für Betriebsvermögen dagegen ist nur im ersten Jahr zinslos, danach verlangt das Finanzamt Stundungszinsen. Derzeit liegt der Zinssatz bei 0,5 % pro Monat, also 6 % pro Jahr (§ 238 AO).

Achtung:

Das Bundesverfassungsgericht hat § 238 AO und damit den Zinssatz von 0,5 % pro Monat für verfassungswidrig erklärt. Dies gilt jedoch nur für Steuernachzahlungen. Stundungszinsen sind von diesem Urteil ausdrücklich nicht betroffen. Das bedeutet: Bei zinspflichtigen Stundungen darf weiterhin ein Zinssatz von 6 % jährlich angesetzt werden – bis der Gesetzgeber etwas anderes regelt.

Fazit: Gute Idee, aber…

Die Stundung ist an sich ein gutes Instrument, damit Erwerber Immobilien im Familienbesitz halten können. Niemand soll gezwungen sein, Grundbesitz verkaufen zu müssen, um die Erbschaftssteuer bezahlen zu können. Liegt eine Nutzung zu Wohnzwecken vor, ist die Stundung sogar zinslos.

Die Kehrseite der Medaille: In den allermeisten Fällen gehören zum Erbe auch noch andere Vermögensgegenstände, die verkauft werden könnten, um die Erbschaftssteuerschuld zu begleichen. Und damit ist man aus der Stundung so gut wie draußen. Denn: Eine Stundung gewährt das Finanzamt dann nur noch, wenn die Einziehung der Steuer bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Steueranspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint (§ 222 AO). Finanzielle Engpässe zum Beispiel wären zwar eine solche erhebliche Härte – aber diese liegen wegen dem geerbten Vermögen ja gerade nicht vor.