Bewertung Einfamilienhaus

Für Einfamilienhäuser kommen zwei Bewertungsverfahren infrage: das Vergleichsverfahren und das Sachwertverfahren. Welches zur Anwendung kommt, hängt davon ab, ob es für das Einfamilienhaus vergleichbare Kaufpreise anderer Einfamilienhäuser gibt oder nicht. Beim Sachwertverfahren gibt es ab 2023 einige Änderungen zu beachten.

 

Was ist ein Einfamilienhaus?

Ein Einfamilienhaus ist ein Wohngrundstück, das eine Wohnung enthält und kein Wohnungseigentum ist.

Grundsätzlich darf ein Einfamilienhaus nur zu Wohnzwecken genutzt werden. Eine Mitbenutzung für andere Zwecke, also zum Beispiel für eine freiberufliche Tätigkeit, ist aber unschädlich, wenn diese weniger als 50 % beträgt. Berechnet wird dieser Anteil nach der Wohn- und Nutzfläche.

Weitere Voraussetzung: Die Eigenart als Einfamilienhaus darf nicht wesentlich beeinträchtigt sein. Nach dem äußeren Erscheinungsbild muss das Haus also immer noch ein Einfamilienhaus sein. Es darf sich vom Aussehen nicht von anderen Einfamilienhäusern unterscheiden, bei denen keine Mitbenutzung für andere Zwecke vorliegt. Je unauffälliger die betriebliche Nutzung, desto besser. Ein Praxis- bzw. Firmenschild, Kundenparkplätze und Fahrradständer sind dabei noch im Rahmen und beeinträchtigen das Erscheinungsbild nicht.

Welches Verfahren gilt wann?

Grundsätzlich gibt es zwei Verfahren, mit denen ein Einfamilienhaus bewertet werden kann. Welches zum Zuge kommt, ist davon abhängig, ob für das Einfamilienhaus ein Vergleichswert vorliegt oder nicht:

  • Es liegt ein Vergleichswert vor => es gilt das Vergleichswertverfahren.
  • Es liegt kein Vergleichswert vor => es gilt das Sachwertverfahren.

Als Vergleichswert werden die Kaufpreise für Vergleichsgrundstücke herangezogen.

Von der Reihenfolge her ist zuerst zu prüfen, ob das Vergleichswertverfahren angewendet werden kann. Erst wenn dies nicht der Fall ist, kommt das Sachwertverfahren zur Anwendung.

Vergleichswertverfahren: So wird gerechnet

Beispiel:

Ein Einfamilienhaus (Reihenmittelhaus) hat eine Wohnfläche von 140 qm. Das Gebäude wurde 1995 errichtet. Die benachbarten Reihenhäuser sind von der Ausstattung und der Größe her vergleichbar. Die Vergleichspreise der Nachbarhäuser liegen bei rund 250.000 Euro.

Da Vergleichspreise vorliegen, darf das Finanzamt im Rahmen des Vergleichswertverfahrens für das zu bewertende Reihenhaus einen Wert von 250.000 Euro ansetzen.

Das Vergleichspreisverfahren und das Vergleichsfaktorverfahren stehen gleichberechtigt nebeneinander. Deshalb muss das Finanzamt nicht auch noch eine Bewertung anhand von Vergleichsfaktoren durchführen.

Sachwertverfahren: So wird gerechnet

Beispiel:

Ein Einfamilienhaus (Reihenmittelhaus) hat eine Wohnfläche von 140 qm. Es hat einen Keller, das Dachgeschoss ist ausgebaut. Vergleichspreise liegen nicht vor. Die weiteren Eckdaten:

Baujahr: 1995

wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer (Anlage 22 zum BewG): 80 Jahre

Restnutzungsdauer in 2023: 52 Jahre

Standardstufe 4: Die Regelherstellungskosten betragen damit 885 Euro/qm Brutto-Grundfläche

Bodenrichtwert: 360 Euro/qm

Größe Grundstück: 650 qm

Baupreisindex (für 2023): 164,0

Regionalfaktor: 1,0

Alterswertminderungsfaktor: Restnutzungsdauer des Gebäudes/wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer = 52/80 = 0,65

Beim Sachwertverfahren werden Gebäude und Grund und Boden getrennt bewertet (§ 189 Abs. 1 BewG):

  • Die Bewertung des Grund und Bodens erfolgt wie bei einem unbebauten Grundstück.
  • Für die Bewertung des Gebäudes wird ein Gebäudesachwert ermittelt.

So wird im Rahmen der Bewertung im Jahr 2023 gerechnet:

Bewertung Grund und Boden:

Bodenwert = Fläche des Grundstücks × Bodenrichtwert = 650 qm × 360 Euro/qm = 234.000 Euro

650 qm × 360 Euro/qm = 234.000 Euro

Bewertung Gebäude:

Regelherstellungskosten885 Euro/qm
× Brutto-Grundfläche× 140 qm
x Baupreisindex× 164,0/100
= durchschnittliche Herstellungskosten des Gebäudes= 203.196 Euro
x Regionalfaktorx 1,0
× Alterswertminderungsfaktor× 0,65
= Gebäudesachwert= 132.077,40 Euro
Gebäudesachwert132.077,40 Euro
+ Bodenwert+ 234.000 Euro
= Vorläufiger Sachwert= 366.077,40 Euro
× Wertzahl× 1,2
= Sachwert= 439.292,88 Euro

Fazit

Für das Einfamilienhaus im Beispielsfall wäre die Bewertung durch das Vergleichswertverfahren deutlich günstiger. Durch die hohe Standardstufe und die Berücksichtigung des tatsächlichen Bodenwerts ergibt sich im Sachwertverfahren ein viel höherer Wert – und das, obwohl es sich um das gleiche Haus handelt.

In der Praxis kann die Abweichung unter Umständen etwas oder sogar deutlich geringer sein – oder sogar noch höher. Da kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an.