Wer mit dem vom Finanzamt ermittelten Wert der Immobilie nicht einverstanden ist, kann durch ein Gutachten einen niedrigeren Wert nachweisen. Ein solches Gutachten muss jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllen – aber selbst dann ist nicht garantiert, dass das Finanzamt das Gutachten akzeptiert.
Wie funktioniert der Nachweis eines geringeren Wertes?
Das Finanzamt ermittelt den Wert einer Immobilie nach den gesetzlich vorgesehenen Bewertungsverfahren, also nach dem Vergleichswertverfahren, dem Ertragswertverfahren und dem Sachwertverfahren. Ist jedoch der Verkehrswert der Immobilie niedriger als der Wert, den das Finanzamt festgesetzt hat, kann der Steuerpflichtige dies durch ein Immobiliengutachten nachweisen. Dies sieht das Bewertungsgesetz in § 198 ausdrücklich vor.
Ein solches Gutachten muss der Steuerpflichtige selbst in Auftrag geben.
In welchen Fällen ist die Einholung eines Gutachtens sinnvoll?
Ein eigenes Immobiliengutachten einzuholen macht immer dann Sinn, wenn der Verkehrswert des Grundstücks plus Gutachterkosten unter dem Wert liegt, den das Finanzamt ermittelt hat. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn das Gebäude Mängel aufweist, die im Rahmen der Bewertung durch das Finanzamt unberücksichtigt bleiben – der vom Finanzamt ermittelte Wert fällt dann zu hoch aus.
Sind die Erben uneins über den Wert der Immobilie, ist ebenfalls ein Gutachten empfehlenswert. Mit der Bewertung der Immobilie durch einen neutralen Gutachter lassen sich Streitigkeiten vermeiden.
Welche Anforderungen muss das Gutachten erfüllen?
Akzeptiert werden Gutachten eines örtlich zuständigen Gutachterausschusses.
Aber auch ein Sachverständiger, der über besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Bewertung von Grundstücken verfügt, darf das Gutachten erstellen. Dies sind Personen, die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO / IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständiger oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt oder zertifiziert worden sind.
Gutachten anderer Stellen oder nicht zertifizierter Sachverständiger werden nicht anerkannt.
Auszüge aus einer Kaufpreissammlung können ein Gutachten nicht ersetzen.
Mit welchen Kosten ist zu rechnen?
Gutachten über den Verkehrswert der Immobilie sind kostenpflichtig, egal, ob ein Gutachterausschuss oder ein zertifizierter Sachverständiger mit der Erstellung beauftragt wird.
Je nachdem, wo sich die Immobilie befindet, können die Kosten unterschiedlich hoch sein. Denn die Bundesländer regeln die Gebühren in jeweils eigenen Landesverordnungen. Die Gebührensätze und Grundgebühren sind nach Verkehrswerten gestaffelt festgelegt.
Beispiel:
Ein bebautes Grundstück hat einen Verkehrswert von 490.000 Euro.
Berechnung in Rheinland-Pfalz: | |
2,4 ‰ des Verkehrswertes | 1.176 Euro |
+ Grundgebühr | + 1.650 Euro |
= Netto-Gebühr | = 2.826 Euro |
+ 19 % Umsatzsteuer | + 536,94 Euro |
= Gebühr (inkl. Umsatzsteuer) | 3.362,94 Euro |
Berechnung in Schleswig-Holstein: | |
2,0 ‰ des Verkehrswertes | 980 Euro |
+ Grundgebühr | + 725 Euro |
= Gebühr (inkl. Umsatzsteuer) | 1.705 Euro |
Muss das Finanzamt das Gutachten immer akzeptieren?
Ein Gutachten, das der Steuerpflichtige erstellen lässt, ist für das Finanzamt nicht bindend. Das Finanzamt kann es als Beweis anerkennen, muss das aber nicht.
Enthält das Gutachten zum Beispiel methodische Mängel oder unzutreffende Wertansätze, darf das Finanzamt das Gutachten zurückweisen. Das Finanzamt muss jedoch kein Gegengutachten erbringen.
Statt Gutachten: Zeitnaher Kaufpreis als Bewertungsmaßstab
Auch ein zeitnaher Kaufpreis darf der Bewertung zugrunde gelegt werden (§ 198 Abs. 3 BewG). Wird also das erworbene Grundstück kurz vor dem Erbfall gekauft bzw. kurz nach dem Erbfall verkauft, kann der entsprechende Kaufpreis als Nachweis für den Wert herangezogen werden. Wertkorrekturen werden normalerweise nicht vorgenommen.
Das gilt aber nur dann, wenn die maßgeblichen Verhältnisse, unter denen der Kaufpreis zustande gekommen ist, gegenüber den Verhältnissen am Bewertungsstichtag unverändert sind.
Zeitnah bedeutet: Der Kaufpreis ist innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag – das ist hier der Erbfall – zustande gekommen.
Was ist noch zu beachten?
Die Aufwendungen für die Erstellung des Sachverständigengutachtens sind als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Hierbei handelt es sich um Nachlassregelungskosten. Denn die Gutachtenkosten sind durch den Erbfall veranlasst und stehen unmittelbar mit der Regelung und Abwicklung des Nachlasses im Zusammenhang.
Das bedeutet, diese Aufwendungen mindern die zu zahlende Erbschaftssteuer.