So funktioniert das Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren ist zur Bewertung von Mietwohngrundstücken vorgesehen und auch für Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt.

 

Beim Ertragswertverfahren werden Gebäude und Grund und Boden getrennt bewertet (§ 184 Abs. 1 BewG):

  • Die Bewertung des Grund und Bodens erfolgt wie bei einem unbebauten Grundstück
    (Bodenwert = Fläche des Grundstücks × Bodenrichtwert).
  • Für die Bewertung des Gebäudes wird ein Gebäudeertragswert ermittelt.

Gut zu wissen:

Außenanlagen und sonstige bauliche Anlagen sind in den meisten Fällen mit dem Gebäudewert und Bodenwert abgegolten.

So wird ab 1.1.2023 gerechnet:

Bewertung Grund und Boden:

Bodenwert = Fläche des Grundstücks × Bodenrichtwert

Bewertung Gebäude:

Rohertrag§ 186 BewG
./. Bewirtschaftungskosten§ 187 BewG, Anlage 23 zum BewG
= Reinertrag§ 185 Abs. 1 BewG
./. Bodenwertverzinsung (= Bodenwert × Liegenschaftszinssatz)§ 188 BewG
= Gebäudereinertrag§ 185 Abs. 2 BewG
× Vervielfältiger§ 185 Abs. 3 BewG, Anlage 21 zum BewG
= Gebäudeertragswert 
+ Bodenwert§§ 184 Abs. 2, 179 BewG
= Ertragswert des Grundstücks§ 184 Abs. 3 BewG

Gut zu wissen:

Als Ertragswert ist mindestens der Bodenwert anzusetzen (R B 184 ErbStR).

Rohertrag

Rohertrag ist das Entgelt, das für die Benutzung des bebauten Grundstücks entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen für den Zeitraum von zwölf Monaten zu zahlen ist (§ 186 Abs. 1 BewG). Umlagen, die zur Deckung der Betriebskosten gezahlt werden, sind nicht anzusetzen.

Für Grundstücke, die selbst genutzt werden, ungenutzt bleiben, zu vorübergehendem Gebrauch oder unentgeltlich überlassen sind oder bei denen die tatsächliche Miete um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweicht, gilt als Rohertrag bzw. Entgelt die übliche Miete. Was „üblich“ ist, ergibt sich zum Beispiel aus dem Mietspiegel. Dieser enthält die Miete, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Betriebskosten bleiben hierbei außen vor.

Bewirtschaftungskosten

Die abzugsfähigen Bewirtschaftungskosten ergeben sich aus Anlage 23 zum BewG.

Wichtig:

Seit 1.1.2023 erfolgt die Ermittlung der Bewirtschaftungskosten nicht mehr anhand der Restnutzungsdauer des Gebäudes. Stattdessen gibt es feste Basiswerte für Verwaltungskosten, Instandhaltungskosten und die Mietausfallwagnis, die jährlich angepasst werden (zuletzt mit BMF-Schreiben vom 27.1.2023).

Für die Anpassung dieser Basiswerte ist die Veränderung des Verbraucherpreisindexes maßgeblich. Verglichen werden die Werte des Referenzzeitpunkts Oktober 2001 mit den Werten des Oktobers des Jahres, das dem Bewertungsstichtag vorausgeht. Angepasst werden jedoch nur die Basiswerte für Wohngrundstücke. Wird das Grundstück gewerblich genutzt, erfolgt keine Anpassung der Basiswerte.

Gut zu wissen:

Der Verbraucherpreisindex beträgt für Oktober 2001 81,6. Für eine Bewertung im Jahr 2023 zählt der Verbraucherpreisindex von Oktober 2022. Dieser beträgt 122,2. Und so errechnet sich der indizierte Wert für 2023: Basiswert × 122,2/81,6.

Das sind die Basiswerte und die indizierten Werte für das Jahr 2023:

Bewirtschaftungskosten bei Wohnnutzung
Verwaltungskosten
 Basiswert (Anlage 23 BewG)Wert nach Indizierung für Bewertungsstichtage in 2023
jährlich je Wohnung230 Euro344 Euro
jährlich je Garage oder ähnlichem Einstellplatz30 Euro45 Euro
Instandhaltungskosten
jährlich je Quadratmeter Wohnfläche9 Euro13,50 Euro
jährlich je Garage oder ähnlichem Einstellplatz68 Euro102 Euro
Mietausfallwagnis2 % des Rohertrags

Praxistipp:

Die Werte für die Instandhaltungskosten pro Quadratmeter werden auf eine Nachkommastelle gerundet, bei den Instandhaltungskosten pro Garage oder ähnlichem Einstellplatz sowie bei Verwaltungskosten kaufmännisch auf volle Euro.

Liegenschaftszinssätze

Bei den Liegenschaftszinssätzen gelten zunächst grundsätzlich die Zinssätze, die von den Gutachterausschüssen ermittelt werden. Stehen keine zur Verfügung, gelten die gesetzlich festgelegten Zinssätze (§ 188 BewG). Diese betragen seit 1.1.2023 für

  • Mietwohngrundstücke: 3,5 %
  • gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von bis zu 50 %: 4,5 %
  • gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von mehr als 50 %: 5 %
  • Geschäftsgrundstücke: 6 %

Wie hoch der Vervielfältiger ist, hängt von dem Liegenschaftszinssatz und der Restnutzungsdauer ab. Mit Restnutzungsdauer ist der Unterschiedsbetrag zwischen wirtschaftlicher Gesamtnutzungsdauer und dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag gemeint. Die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer ergibt sich aus Anlage 22 zum BewG. Kennt man Liegenschaftszinssatz und Restnutzungsdauer, liest man den Vervielfältiger ganz einfach aus der Tabelle in Anlage 21 zum BewG ab (§ 185 Abs. 3 BewG).